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NPL Etappe 5, Vinstra bis Røros

Tag 46, 29.06.2023

Die Sonne weckt uns um halb 6 mit strahlendem Sonnenschein. Leider weckt sie damit aber auch direkt die zig tausend Mücken, die in, an und um unser Zelt herum wohnen. Draußen sein macht heute wirklich gar keinen Spaß. Die Sonne versteckt sich (wahrscheinlich vor lauter schlechtem Gewissen) schnell wieder hinter Wolken, doch das Unheil ist angerichtet und die Mücken bleiben.

Wir laufen mit Windjacke, um möglichst wenige Stiche zu sammeln.

Das ist trotz Wolken unerträglich warm, aber die Alternative ist schlimmer. Also Augen (oder eher Mund) zu und durch. Bald gesellen sich noch einige Fliegen dazu. Haben sich die beiden Plagen also vereint… Wir ziehen unsere letzte Karte und laufen nun mit Mückennetz über den Sonnenhüten weiter.

Zum Glück können wir den Weg trotzdem noch erkennen. Der führt uns heute über die weite Ebene der Femundsmarka.

Allzu spektakulär ist es hier aber nicht. Unser erstes Ziel ist die Hodalen-Hütte. Bis dahin sind es zähe 16 km. So richtig gut läuft es nicht. Kein Wind, zu viel Wärme und viel zu viele fliegende Tiere.

In der klitzekleinen Hütte haben wir aber eine angenehme Pause, in der wir uns die Snacks nicht hektisch unter das Mückennetz schieben müssen. Hier sitzen wir nämlich ohne Netz und auch endlich mal ohne Schuhe. Sehr befreiend!

Und wir lesen, dass entgegen all unserer Erwartungen, Lars und Christina tatsächlich auf der Fähre nach Oslo sind! Mein Kopf ist aber noch nicht in Feierstimmung nach dem Auf und Ab der letzten Tage. Erst wenn klar ist, dass die zwei auch tatsächlich am Sonntag nach Røros kommen, lasse ich in Gedanken die Sektkorken knallen. Und dann abends vielleicht auch die richtigen. Mal sehen, welche Schätze die zwei im Gepäck haben…

Da wir aber grundsätzlich positiv denken, ändern wir die Reservierung für Røros noch schnell. Unsere bisherige Unterkunft lässt sich zwar für vier Erwachsene buchen, hat aber für einen von uns nur ein Kinderbett. Das haben wir irgendwie nicht richtig gelesen. Da wechseln wir doch lieber in eine Wohnung mit Schlafplätzen für uns alle und Parkplatz vor der Tür. Dinge, die man als Wanderer ja gar nicht mehr auf dem Schirm hat…

Dann geht es weiter.

Wir wollen heute noch die Narjordet-Hütte erreichen, da es über Nacht und den nächsten halben Tag mindestens stark regnen soll. Wir glauben der Wettervorhersage mittlerweile nicht mehr viel, aber die Vorhersage für morgen hält sich nun doch schon seit Tagen hartnäckig… Da können wir es uns auch einfach am Ofen gemütlich machen.

Also stehen weitere 16 km auf dem Programm. Und die fliegen nur so unter unseren Füßen dahin. Die Mücken und Fliegen lassen bald nach, denn es kommt endlich richtig Wind auf. Die Wolken werden dicker und dunkler und ziehen tief durch die Ebene.

Immer wieder fallen ein paar Tropfen auf uns. Mir wird erst jetzt klar, wie sehr ich dieses Wetter vermisst habe! Überwiegend trocken, windig, rau. Die Landschaft gefällt uns hier viel besser.

Ob sie tatsächlich anders aussieht als die letzten Tage oder der Kontrast aus Wetter und Landschaft dafür verantwortlich ist, ich weiß es nicht. Aber es fühlt sich toll an!

Die letzten Meter vor der Hütte führen aus einem Waldstück heraus auf eine Schotterstraße. Die Navigation sagt, wir müssen nach links, doch wir stehen schon jetzt mitten auf einem Bauernhof. Und ein Weg führt da nicht weiter. Zum Glück kommt eine Anwohnerin gerade aus der Tür und sieht uns ebenso fragend an wie wir sie. Wir erklären, dass wir die Hütte suchen. Sie deutet auf eine Straße, die weit um das Gelände herum führt, sagt dann aber, dass wir auch einfach durch das nächste Gartentor gehen könnten und dann wären wir da. Wir nehmen also das Törchen und tatsächlich ist das daran grenzende Gebäude unser heutiges Quartier. Die DNT-Hütte liegt einfach mal mitten auf einem Bauernhof. Ganz schön verrückt!

Innen ist die Hütte klein, aber sehr gemütlich.

Nur der Vorrat ist schon (noch?) ziemlich geplündert. Für Pfannkuchen reicht es aber zum Glück.

Viel los ist hier offenbar nicht, denn die letzten Besucher waren vor 10 Tagen hier. Wir vermuten also, dass wir ebenfalls allein bleiben werden und so ist es dann auch. Jetzt warten wir ab, was das Wetter über Nacht macht und wie es morgen aussieht. Wir haben nur noch 20 km bis Røros und wollen dort erst am Samstag ankommen. Falls das Wetter morgen also ganz schlimm ist, bleiben wir hier. Am liebsten wollen wir aber irgendwann morgen noch ein paar Kilometer gehen und noch eine Nacht im Zelt verbringen. Wir sind gespannt, wie wir uns morgen entscheiden.

Tag 47, 30.06.2023

Wir haben uns gestern bemüht möglichst lange wach zu bleiben. Trotzdem sind wir wieder früh wach. Also stehen wir gemächlich auf, heizen den Ofen an, trinken Tee und frühstücken unser Müsli. Dann spielen wir ein bisschen Kniffel und gegen 9 legen wir uns wieder ins Bett.

Es schüttet nicht wirklich, aber es regnet doch die meiste Zeit. Ich döse ein halbes Stündchen. Dann liege ich wach im Bett und lausche dem verzweifelten Jaulen eines Hundes. Vermutlich ist es der Hofhund, den wir gestern beim Ankommen kurz gesehen haben. Schon da traute er sich nicht zu uns und lief mit eingezogem Schwanz zurück zum Haus. Das muss natürlich nichts heißen, aber er machte auf mich einen eher elendigen Eindruck. Da ich bald sowieso zum Klohaus muss, erforsche ich anschließend, wo das arme Tier sitzt. Und ganz ehrlich? Ich würde am liebsten mitjammern. Bei dem fiesen Wetter draußen auf einer Wiese angeleint sein… was ein Elend! Der Hund entdeckt mich und blickt mich hoffnungsvoll an. Ich würde am liebsten hingehen und ihn (oder sie) mit in unsere warme Stube holen. Aber das geht natürlich nicht. Ich sehe weit und breit niemanden und kann ja nicht einfach den Hund entführen. Vielleicht hat er sich da nur unglücklich in seiner Leine verfangen, denn es sieht so aus, als hätte er zumindest eine Möglichkeit in einen offenen Raum hinter ihm zu gehen. Vielleicht kann ich helfen. Doch verheddert ist da nichts. Als ich näher komme, knurrt der Hund und sieht bewusst in eine andere Richtung. Er zittert am ganzen Körper. Vielleicht aus Kälte oder aus Angst vor mir. Dann wechselt er den Platz. Draußen sitzen müsste das arme Tier also zumindest nicht. Ich gehe wieder zurück in die Hütte, um den Hund nicht weiter unter Stress zu setzen. Hoffentlich sind die Besitzer nicht den ganzen Tag weg. Das Jaulen geht nämlich endlos weiter und der Regen hört nicht auf.

Drinnen versuchen wir, die traurigen Geräusche irgendwie auszublenden (klappt nicht) und gönnen uns zur Feier unseres 15. Jahrestages nochmal ein paar Pfannkuchen. Dann planen wir die nächste Etappe und die Einkäufe, die dafür gemacht werden müssen. Und die Einkäufe für morgen, wenn wir uns im Supermarkt verwöhnen können und eine eigene richtige Küche haben! Wir können es kaum erwarten!

Unser Plan ist, dass wir zum späten Nachmittag hin starten und zumindest noch ein paar Kilometer machen. Falls der Regen bis dahin aufgehört hat. Allerdings hält sich das Wetter mal wieder gar nicht an den Wetterbericht (frech!) und deshalb schüttet es ab dem späten Nachmittag durchgängig. Da jetzt raus? Obwohl wir es hier doch so schön haben? Puh… Vielleicht starten wir dann einfach um 17.30 oder um halb 18.30? Aber die Regenfront hat sich hier häuslich eingerichtet und will bis in den späten Abend nicht mehr verschwinden.

Also nehmen wir unser Schicksal schweren Herzens an und bleiben weiter am warmen Ofen sitzen und futtern Kekse, spielen, planen und gehen nur vor die Tür, wenn wir dringend müssen. Die 20 Kilometer sind morgen schließlich auch kein Problem. Wir wollen früh los, denn wir dürfen schon ab 12 Uhr in unsere Wohnung und freuen uns riesig darauf! So gehen wir quasi vom Pausentag in den Urlaub. Hoffentlich sind wir ab nächstem Dienstag noch dazu in der Lage, wieder richtig vorwärts zu kommen und nicht alle paar Tage zu pausieren.😀 Aber die 32 km gestern gingen schließlich auch gut, also machen wir uns mal keine ernsthaften Sorgen. 😉

Tag 48, 01.07.2023

Schon Juli! Wie verrückt ist das denn?

Wir stehen früh auf, packen die Schlafsäcke ein, frühstücken und starten um 6.15 Uhr.

Aus dem regenfreien Tag wird wohl eher nichts, aber bis 10 Uhr soll es immerhin trocken bleiben. Wenn man sich auf etwas nicht freut, verfliegt die Zeit bis zum Ereignis ja bekanntlich schneller und so ist es anscheinend schon wenige Meter nach unserem Start 10 Uhr. Die Uhren sagen zwar etwas anderes, aber der Himmel sendet schon jetzt Regen. Na toll. Die erste Schauer hält allerdings nicht lange an. Es lohnt sich aber dennoch, die komplette Regenmontur zu tragen, da wir nach einem kurzen Straßenstück in den Wald abbiegen. Hier ist alles triefend nass.

Dafür ist der DNT-Weg wieder gut markiert. Er entspricht zwar nicht unserer Route, aber da trauen wir weiterhin lieber den Markierungen. Oberhalb der Baumgrenze weht ein frischer Wind. Die Landschaft ist durch das usselige Wetter, wie man bei uns sagt, trotzdem wieder richtig schön. Auch wenn wir effektiv kaum etwas davon sehen können.

Stattdessen freuen wir uns tatsächlich über die Nebelschwaden, die immer wieder vor und um uns herum über die Hügel wabern.

Irgendwann zeigt Stefan mir, dass wir laut seiner Uhr den höchsten Punkt erreicht haben. Sehen können wir das nämlich nicht. Durch den kalten Wind verzichten wir auf eine Pause. Es läuft auch eigentlich ganz gut, da hat die Pause noch Zeit. Dann setzt doch der Regen ein. Aber da ist es schließlich auch schon nach 10 Uhr. Wir können also nicht wirklich meckern. Und der hört dann nicht mehr auf. Nur die Intensität variiert. Ganz schlimm wird es aber nicht. Nur etwas ungemütlich. Richtig fies finde ich nur, dass meine Schuhe aufgrund ihres nahenden Ruhestandes beschlossen haben, nun gar nichts mehr dem Wasser entgegensetzen zu wollen. Meine Füße schwimmen ziemlich. Aber auf uns wartet ja eine schöne Wohnung, also ist der Zustand nicht von allzu langer Dauer. Da es nun regnet, machen wir keine Pause. Es läuft ja auch trotzdem ziemlich gut gerade.

Und dann haben wir einen verschwommenen Blick auf Røros.

Nur noch 6 Kilometer. Da brauchen wir nun auch keine Pause mehr. Also gibt es im Stehen einen Müsliriegel und weiter geht es.

Die letzten drei Kilometer führen an einer Straße und einem Fahrradweg entlang. Es ist etwas umständlich, das Handy nochmal wegen der genauen Adresse zu durchsuchen, da der Regen auf dem Display stört. Das soll ja was geben die nächsten Monate…

Aber dann sind wir da. Um 11.45 Uhr sind die 22km geschafft. Mal von den nassen Füßen abgesehen, ist der Regen nur an den Schultern durch die Jacke gekommen. Das ist besser als erwartet. Bei Stefan ist dafür der ganze Oberkörper durchnässt. Nicht so toll. Aber dank Merinooberteil kommt zumindest keine Kälte durch.

Die Wohnung ist herrlich! Wir haben hier alles, was wir brauchen und freuen uns auf die nächsten Tage. Im Gefrierschrank finden wir sogar noch Eis am Stiel. Aber wir wollen erst noch einkaufen, damit wir auch etwas richtiges essen können.

Dann besteht unser Tagesplan aus Kochen, Wäsche waschen (mit „eigener“ Waschmaschine!) und möglichst viel auf der Couch rumliegen, essen und fernsehen. Dank SmartTV und Streaming kriegen wir den Tag wohl gut rum und freuen uns morgen auf unseren Besuch. 🥰

Am Dienstag bekommen wir dann unsere neuen Schuhe von Nina und Berndt. Damit starten wir in unsere nächste Etappe bis Meråker.


Strecke

Die Strecke der fünften Etappe im Überblick:

12 Tage, 10 Lauftage, 223 km, 6.474 hm

(Gesamtstrecke: 962 km, 23.074 hm)


Das unterhalb der Karte angezeigte Höhenprofil bezieht sich auf die (erste) ausgewählte Teilstrecke. Die einzelnen Teilstrecken können innerhalb der Karte ausgewählt werden.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Hallo ihr zwei.
    ich fühle mich sehr geehrt, dass Frau Elch jetzt meinen Namen trägt 🥰
    Wir sind gerade im Urlaub in Luxemburg und „wandern“ aber nur ein wenig…für euch wäre das wahrscheinlich ein kleiner Spaziergang an einem Ruhetag 😅Wir fiebern jede Woche aufs Neue auf eure Blogbeiträge und verschlingen diese und freuen uns mit und für euch und lachen immer Mal wieder herzlich. Es ist so mega gut geschrieben Ihr habt da echt alles richtig gemacht, so sehen es sicherlich auch eure Fliegen oder Mückenfreunde 😜
    Selbst unsere Kinder sind angesteckt und bekommen als Einschlagprogramm jeweils ein paar Tage NPL vorgelesen.
    Genießt noch weiter eure Auszeit und lasst uns auch gerne noch so unterhaltsam dran teilhaben.
    GLG
    Silvie

    1. Hey Silvie,
      da haben wir total vergessen, auf deinen lieben Kommentar zu antworten.😨 Wir haben sehr geschmunzelt, dass wir auch als Gute-Nacht-Lektüre dienen. 😀 Wir hoffen, dass wir euch weiterhin gut unterhalten. Einige Wochen sind wir schließlich noch unterwegs. Danach müssen wir uns wohl was Neues einfallen lassen…
      Liebe Grüße an die ganze Elchfamilie!

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