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NPL Etappe 4, Flå bis Vinstra

Tag 28, 11.06.2023

Um viertel vor 7 stehen wir im Hotel am Frühstücksbuffet. Wir sind die ersten. Da wir gestern ungefähr alles gegessen haben, was angeboten wird, kennen wir jetzt schon unsere Favoriten. Wir essen nur einen Bruchteil der gestrigen Menge, zum einen, weil wir noch gar nicht wieder so hungrig sind, zum anderen, weil wir direkt mit 500 Höhenmetern starten. Da bietet sich so ein überfüllter Magen eher nicht an.

Um 8 Uhr sind wir startklar, eingecremt, gesättigt und laufen los.

Ein Stück zurück auf dem Weg, den wir vorgestern gekommen sind, und nehmen dann den Einstieg in den Wanderweg. Die Beine sind zwar eigentlich richtig gut erholt, aber die ersten Meter des Anstiegs fallen doch noch schwer. Vor einem besonders steilen Stück spielt mir die Playlist „Running up that hill“ ins Ohr. Das Telefon hat wohl Humor. Rennen ist das nicht, aber tatsächlich läuft es, als wir einmal warmgelaufen sind, doch erstaunlich gut bei uns. Es wirkt geradezu so, als hätten wir über die letzten vier Wochen ein wenig Kondition aufgebaut. Verrückt!

Die ersten 400 Höhenmeter sind also kein Problem. Die letzten 100 werden aber etwas schwieriger. Nicht, weil plötzlich unsere Kräfte versagen, sondern weil kein Weg mehr da ist.

Und wir weglos weitergehen. Das heißt immer mal wieder stehen bleiben, Richtung kontrollieren und dann weiter, in der Hoffnung, dass man dort auch tatsächlich gehen kann. Für die Mücken ein gefundenes Fressen. Im wahrsten Sinne. Die finden jeden Millimeter, der nicht akkurat mit Mückenschutz eingesprüht ist… Wir überlegen schon, ob wir uns von unseren Freunden eine mit Mückenspray gefüllte Gloria mitbringen lassen wollen. Damit wäre in kürzester Zeit auch wirklich jeder Milimeter Körper eingesprüht. Es klingt so verlockend…

Es macht auf jeden Fall richtig Spaß, den Weg zu suchen. Auch als die Höhenmeter (zumindest für den Moment) geschafft sind, ist unser Weg noch nicht vorhanden. Aber das macht uns nichts. Mal laufen wir ein paar Meter in die eine Richtung, entscheiden uns dann aber doch um und nehmen den anderen Nicht-Weg.

Mit Aussicht fällt die Orientierung leicht, im bewaldeten Gebiet orientieren wir uns lieber an GPS und Karte, die uns zeigen wo wir stehen und wo wir hin wollen.

An einer Stelle müssen wir uns entscheiden. Unten am See entlang (möglicherweise Sumpf) oder über den kleinen Berg vor uns (möglicherweise klettern). Stefan ist für See, ich für Berg. Huch, was ist denn hier los? Verdrehte Welt? Dabei bin ich doch sonst immer froh über jeden gesparten Anstieg. Aber heute lockt die tolle Aussicht und außerdem meine ich da auch einen gut machbaren Weg zu sehen. Also geht es tatsächlich über den Berg. Stefan kann da schließlich aus Prinzip schon nicht gegen argumentieren. Der Weg hinauf ist nicht schwer und hinab geht es zum Glück noch viel leichter, da der Bergrücken sanft abfällt.

Wir überqueren anschließend einen Fluss und tadaa, auf der anderen Seite gibt es plötzlich Wegmarkierungen. Denen folgen wir nun bis ins Turufjell Skigebiet.

Und das wird massiv ausgebaut. Zu unserer rechten Seite liegt die pure Natur. Berge, Seen, Bäume. Richtig schön. Und links werden Häuser um Häuser gebaut. In gefühlt endlosem Ausmaß.

Schön ist das nicht. Und für die Natur bleibt dort auch nicht mehr viel Platz. Wir fragen uns, wie lang unser Wanderweg wohl noch bestehen wird.

Für uns geht es nun ein Stück durch die Siedlung (oder eher die Kleinstadt), denn wir haben uns überlegt, dass man ja auch einfach mal den direkten Weg nehmen kann. Und der heißt in unserem Fall: Skipiste. Nur leider fährt kein Lift (hätten wir sowieso nicht genommen😉), wir laufen also hinauf.

Wir versprechen uns mindestens ein tolles Panorama und eine Einsparung von einem Kilometer gegenüber der Streckenalternative. Während wir schnaufend die Piste hoch laufen, zweifeln wir ein wenig an unserem Entschluss. Aber die Aussicht oben ist wirklich fantastisch!

Und fit fühlen wir uns auch nach kurzer Atempause wieder.

Für uns geht es nun entspannt weiter über die Skiloipe.

Äh, Moment, was soll das? Die Skiloipe muss wohl erst noch fertiggestellt werden, denn aktuell türmen sich darauf Schotterberge. Na das wird wohl kein entspannter Weg. Die Landschaft besteht auf sehr, sehr weichem und sumpfigen Moos/Gras (?). Wir laufen wie auf weichen Schaumstoffkissen und büßen ordentlich Tempo ein.

Zudem gesellen sich bei mir noch Unterleibsschmerzen direkt aus der Hölle dazu. Die Leichtigkeit des Morgens ist also dahin. Irgendwann machen wir eine ausgedehnte Mittagspause, um neue Kräfte zu sammeln. Aber leichter wird es danach nicht.

Zunächst bleibt der Weg unverändert, dann folgen wir dem Wanderweg weg von der Loipe. Als neues Hindernis liegen nun am laufenden Band kleine und große umgestürzte Bäume im Weg.

Kaum einen können wir übersteigen, die meisten müssen wir weiträumig umgehen.

Gefühlt kriechen wir nur noch, statt zu laufen. Dabei ist es wirklich schön hier. Oder zumindest könnte der Weg so schön sein. Nach 14km fragt mich Stefan, ob wir eine Pause machen sollen. Die hätte ich eigentlich nötig, aber wir haben seit der letzten Pause erst zwei Kilometer geschafft. Nein danke, dann lieber weiter. Irgendwann wechseln wir auf einen anderen Wanderweg. Und der ist deutlich besser. Zwar liegen auch hier ein paar Bäume im Weg, aber offensichtlich nur die, die im letzten Winter gefallen sind. Und nicht die der (gefühlt) letzten fünf Jahre.

Allerdings sind wir hier nur kurz. Das wäre sonst auch wirklich zu viel Entspannung gewesen. Wir stoßen auf eine Schotterstraße und orientieren uns am Wanderwegweiser nach dem weiteren Weg. Und dann geht das Baumelend weiter. Trotz mehrmaliger Pausen ist da einfach nicht mehr viel Energie bei mir und auch Stefan wirkt ziemlich müde. Irgendwann entdeckt er eine halbwegs brauchbare Stelle am Wegesrand und fragt, ob wir dort zelten wollen. Ich bejahe sofort.

Stefan ergänzt, dass es heute wohl nur 18km, dafür aber knapp 1000hm gewesen sind. Das ist zwar unter unserem Kilometerziel, aber muss für heute reichen. Morgen können wir uns mit frischer Energie den Bäumen stellen.

Tag 29, 12.06.2023

Heute geht es für uns so weiter, wie der gestrige Tag aufgehört hat. Mit Bäumen im Weg. Aber tatsächlich sind es nicht ganz so viele. Manchmal können wir über sie klettern, manchmal (auf allen Vieren) drunter durchkriechen, oft müssen wir drumherum gehen. Der Weg ist schön und gut zu gehen. Er führt uns weiter durch den Wald hinab und hinauf.

Die Wege liegen überwiegend im Schatten, aber die Luftfeuchtigkeit ist hoch. Heute haben wir zum ersten Mal Außen- und Innenzelt getrennt einpacken müssen, weil sich im Außenzelt Kondenswasser gebildet hatte.
Wir kommen also auch ohne direkte Sonne ganz schön ins Schwitzen. Immer wieder sind die Wege matschig, aber nicht mehr so extrem sumpfig.

Der Boden trocknet allmählich auf. Das erleichtert das Gehen immens. Vor uns war heute (?) schon Herr oder Frau Elch auf dem Wanderweg unterwegs. Wir folgen seinen bzw. ihren Spuren für lange Zeit, bekommen aber keine Tiere zu Gesicht. Die Natur begeistert uns wieder. Wie schön es hier ist! Die Ausblicke hauen uns mal wieder total um.

Für die Pausen setzen wir uns heute fünf Kilometer-Marken. Dass es bis zur ersten aber zwei Stunden dauern würde, hatte ich irgendwie nicht erwartet. Puh.

Da wir uns beim letzten Einkauf aus irgendwelchen Gründen bei der Müslimenge für’s Frühstück dezent verkalkuliert haben, haben wir nun mehr Hunger als sonst. Wenn wir nur vier Tage bis Fagernes brauchen, ist der Proviant kein Problem. Brauchen wir aber fünf Tage, müssen wir ein bisschen haushalten. Und bei dem aktuellen Tempo sind vier Tage doch eher fraglich.

Aber der Weg wechselt im Laufe des Tages, so dass wir mal auf engen und verschlungenen, dann wieder auf breiteren Wanderpfaden unterwegs sind.

Die Abwechslung gefällt uns sehr.

An der Suluvasshytta legen wir unsere zweite Pause direkt am Seen ein. Es ist so schön hier (und sooo warm), dass Stefan beschließt, eine Runde im See schwimmen zu gehen.

Ich habe keine Lust, positioniere mich aber als Kamerafrau. Nur kann ich vor Lachen kein Bild machen. Stefan gibt sich wirklich Mühe, mehr als nur die Beine ins Wasser zu bekommen, aber das Wasser ist so eisig kalt, dass er nach dem zweiten Versuch aufgibt und sich lieber wieder anzieht. Das war auf jeden Fall die beste Pausenunterhaltung seit langem!

Trotz wunderschöner Wege läuft es bei uns beiden heute nicht so richtig. Wir schleppen uns so dahin, kommen aber für unser Gefühl kaum voran. Stefans Kilometerangaben sind ernüchternd. Dabei wollen wir heute auf jeden Fall 25 schaffen.

Richtig hart auf die Probe gestellt wird unser Durchhaltevermögen, als wir vom Weg abzweigen, um uns die Fønhuskoia-Hütte anzusehen.

Eine offizielle DNT-Hütte muss ja wenigstens angeschaut werden. Und WOW! Einfach nur wow! Anders kann man es kaum beschreiben. Wir sind völlig umgehauen von der Lage, der Aussicht und überhaupt. Es ist unendlich schön hier! Innen genauso wie außen.

Wie gerne würden wir hier am Fenster sitzen und in die Landschaft starren. Die Hütte ist urgemütlich. Das einzige große „Manko“: Es gibt hier kein Lebensmittelregal. Das wussten wir vorher und im Prinzip ist das auch gut, sonst wären wir hier wahrscheinlich direkt eingezogen. Stattdessen machen wir es uns auf dem Terrassensteg gemütlich, essen eine Tafel Schokolade und versuchen uns gegenseitig davon zu überzeugen, dass wir nun wirklich nicht hier bleiben können.

Aber es fällt so unendlich schwer. Letztendlich nehmen wir dann doch Abschied. Aber was für eine Hütte!

Wir folgen dem weiteren Weg und hängen unseren Gedanken nach, als uns ein Klingeln aufschrecken lässt. Äh was? Wo kommt denn nun ein Fahrrad her?! Das wäre tatsächlich das letzte, was ich hier erwartet hätte. Uns überholt ein norwegisches Paar auf Rädern. Nach einer Weile treffen wir sie bei ihrer Pause wieder. Als wir sagen, dass wir aus Deutschland kommen, fragen sie scherzhaft, dass wir wohl nicht von dort gestartet seien. Nein, aber in Lindesnes. Ihnen ist sofort klar, dass wir ans Nordkapp wollen. Der Mann lässt sich noch unsere weitere Route bis Fagernes zeigen und segnet diese ab. Da er die Gegend hier sehr gut kennt, ist die „Beurteilung“ für uns durchaus schön.

Auf dem weiteren Weg passiert dann nicht mehr viel.

Irgendwann sehe ich einen Wegweiser vom DNT zur Fønhuskoia: 5km. Was? Wieder erst fünf geschafft? Das kann doch nicht sein… Tatsächlich liegt die Hütte aber bereits 7km hinter uns und in Summe haben wir jetzt 22km geschafft. Na dann sind die letzten drei auch kein Problem mehr.

Während der letzten Kilometer hatten wir übrigens keine Sonne mehr. Stattdessen nur dicke Wolken am Himmel. Ein ungewohntes, aber sehr angenehmes Bild.

Mal ohne Sonnenhut und -brille zu laufen, hat auch was für sich. Als wir nach erfolgreichen 25km die Augen nach einem Zeltplatz offen halten, passiert etwas ganz und gar verrücktes. Vom Himmel fallen kleine, feuchte Dinge. Kann das etwa Regen sein? Wir können es nicht glauben. Wie zum Beweis tröpfelt es weiter, bis wir kurz darauf das Zelt aufgebaut haben.

Eine Jacke war aber nicht wirklich nötig und draußen auf dem Boden sitzen ist danach auch kein Problem. Müde, aber froh, die geplanten Kilometer geschafft zu haben, machen wir uns über eine große Portion Spaghetti her und freuen uns, dass wir in zwei Tagen am Ziel ankommen werden. Das heißt allerdings nicht Fagernes, sondern Leira. Der Ort liegt drei Kilometer vor Fagernes und hat den Campingplatz quasi direkt neben dem Supermarkt. Das ist einen Hauch entspannter als die Campingplatzlage in Fagernes und liegt auf dem Weg. Von daher…🙂

Tag 30, 13.06.2023

Heute wollen wir früh los. Aber das klappt nicht so richtig. Viel schlafen ist stattdessen angesagt. Ich werde erst um viertel vor sechs wach, Stefan sogar noch ein bisschen später. Ungewöhnlich, aber dann war es wohl nötig.

Unser Start verzögert sich aber noch weiter, weil wir noch eine kleine Sequenz für den Podcast von Stefans Arbeit aufnehmen müssen. Das schieben wir schon seit ein paar Tagen vor uns her. Eigentlich keine schwierige „Aufgabe“, aber bis wir mal zufrieden sind und uns nicht verhaspeln, dauert es natürlich doch etwas. Dann gehen wir um acht Uhr aber endlich los. Es ist heute sehr bewölkt, aber drückend warm. Also nur eine Frage der Zeit, bis die Sonne hinter den Wolken hervor kommt.
Keinen Kilometer von unserem Zeltplatz entfernt steht ein richtig schöner (schönes?) Gapahuk. Also ein Holzunterstand für Wanderer. Richtig hübsch ist es da. Hätten wir das mal gewusst.
Dahinter endet dann direkt der Weg. Das erschließt sich uns nicht ganz, aber okay, dann geht es nun wohl weglos weiter. Wir gehen abwechselnd durch Wald und weite Sumpflandschaften und finden schließlich wieder eine Spur.

Im Weg liegende Bäume kennen wir schließlich schon.

Heute geht Stefan voran und sammelt fleißig Spinnweben. Gestern habe ich diesen Part übernommen. Ganz schön nervig sind die, aber leider nicht vermeidbar, wenn man durch den Wald geht. Die Gegend ist wieder toll. Der Wechsel zwischen Wald und Ebene ist richtig schön.

Nach ein paar Kilometern wechseln wir kurz auf ein Stück Schotterstraße, laufen durch eine ganz kleine Siedlung und biegen wieder auf einen kleinen Pfad ab. Der Weg ist wie bisher auch. Gemütlich, abwechslungsreich und einfach schön zu gehen.

Wir hören beide ein bisschen Podcast und wandern durch die Landschaft. Irgendwann kommen wir an einen kleinen Fluss, den wir unkompliziert queren können. Und dahinter geht der Weg nicht weiter. Vielleicht sind wir auch schlicht und einfach zu blöd, den weiteren Weg zu finden. Den Gedanken habe ich heute noch mehrfach. Wir gehen also wieder in die angedachte Richtung. Dabei entdecken wir einen großen Tierschädel.

Wir tippen auf einen Elch. Ein lebendiger wäre uns aber lieber. Wir stapfen durch die sumpfige Landschaft und müssen uns quer durch das Gestrüpp und die Bäume schlagen, um irgendwie weiterzukommen. Ziemlich anstrengend. Und dann ist der Weg plötzlich wieder da. So richtig erschließt sich uns das hier nicht. Aber gut, immerhin nicht mehr so chaotisch gehen müssen. Denken wir. Aber der Wald ist gegen uns und wirft uns Unmengen Bäume vor die Füße. Wir haben das Gefühl, dass wir uns selbst bald in welche verwandeln, so viel Grünzeugs, wie an uns hängen bleibt. Da sind wir ganz froh, dass wir irgendwann wieder auf einen Schotterweg abbiegen können, der letztlich zu einer Straße wird.

Hinter einer Brücke machen wir im Schatten eine Pause. Das frische Wasser tut gut und die Erholung auch. Stefan macht während der Pause eine skurrile Entdeckung. Unter der Brücke ist eine Leuchtstoffröhre angebracht. Uns stellen sich zwei Fragen: Wie? und Warum?? So klein ist der Fluss, über den die Brücke führt, nämlich nicht.

Nach der Pause folgen wir der Straße weiter, bis wir nach links abbiegen können. Jetzt heißt es bergauf, bergauf, bergauf.

Die Sonne will uns anscheinend anfeuern. Aber uns war doch auch vorher schon warm genug… Nach gerade mal 120 von 300 erklommenen Höhenmetern machen wir noch eine Pause in der Nähe einer kleinen Scheune. Wir sind dankbar über jede Wolke, die sich kurzzeitig vor die Sonne schiebt.

Nur weiter hoch geht es nun trotzdem, egal ob mit oder ohne Sonne (überwiegend mit natürlich). Und wieder verlieren wir den Weg. Das ist ziemlich verrückt, weil der Weg bisher eher Straßengröße hatte, dann für ein paar Meter zu einem Pfad geworden ist und nun: weg. Da ist nichts mehr. Wir versuchen über den Weg auf unserer Karte wieder auf den eigentlichen Weg zu kommen, aber das bringt nichts. Mal sieht es für drei Meter so aus, als wäre da doch ein Weg, dann verliert sich die vermeintliche Spur wieder. Wir suchen verzweifelt weiter und hängen nun wirklich mehr in Bäumen als auf irgendwelchen frei begehbaren Stücken. Weglos gehen macht hier wirklich keinen Spaß. Ich schlage irgendwann vor, ob wir nicht einfach den am ehesten begehbaren „Weg“ nehmen sollen, Hauptsache es geht bergauf. Das klappt aber nur kurzzeitig, bevor alles wieder voller Bäume ist.

Wir nähern uns einem Bach mit kleinem Wasserfall. Laut Karte liegt der Weg nun plötzlich auf der anderen Seite. Wir verstehen die Welt nicht mehr, aber wechseln die Seite, da der Bach hier gerade noch passierbar ist. Weg, bist du jetzt da? Nein, natürlich nicht. Ich sehne die Baumgrenze herbei. Das würde alles so viel leichter machen. Aber die dauert wohl noch ein bisschen. Gerade sieht der leichteste Weg für uns so aus, dass wir einfach den nächsten Hang hochkraxeln. Und dann ist da oben plötzlich ein Weg.

Einfach so ist er da. Total gut begehbar, als wäre es das Einfachste auf der Welt, diesem Weg zu folgen. Kurz darauf erreichen wir dann auch die Baumgrenze.

Endlos weite Sicht nach vorne und zurück. Wie schön!

Der Weg führt uns weiter hinauf entlang kleiner und großer Bergseen und manchmal auch an oder über kleine Schneefelder.

Der Blick zurück ist schon jetzt sehr beeindruckend. Unser Zwischenziel ist aber der Gipfel des Bjødalskampen (1159). Der liegt zwar nicht ganz auf unserem Weg, aber den kleinen Umweg nehmen wir zur Abwechslung gerne in Kauf. Geplante Umwege sind schließlich ganz was anderes als ungeplantes und chaotisches Weg suchen. Und dieser „Umweg“ lohnt sich! Wir haben ein fantastisches Panorama! Vor uns erstrecken sich die verschneiten Berge Jotunheimens und verschiedene andere Gebirgszüge. Wir sind total beeindruckt von den Aussichten.

Der Blick zurück und zur Seite beunruhigt uns jedoch ein kleines bisschen. Da kommt Regen. Und zwar nicht zu knapp.

Wir machen es uns aber erstmal gemütlich und behalten die Wetterlage im Blick. Die Regenkleidung ist schnell angezogen, falls der Regen uns doch erwischt. Aber wir haben Glück. Mehr als ein paar verirrte Tropfen werden es bei uns nicht. Die dicken Regenwolken bleiben vor dem Berg hängen und regnen sich dort richtig aus.

Unsere Pause wird lang und ausgedehnt. Ich rufe meine Schwester an, da wir uns schon den ganzen Tag verpassen und so telefonieren wir letztlich zu viert fast eine Stunde lang. Huch, das ist aber spät geworden. Jetzt mal schnell weiter.

Vorher gibt es aber noch eine kleine Werbung😊: Falls ihr mal ein tolles kleines Bed&Breakfast in der Umgebung von Düsseldorf sucht, geht doch in Bingers kleine Scheune. Meine Schwester Andrea und mein Schwager Andreas leiten die Unterkunft und den zugehörigen Bioland-Hof mit sehr viel Herzblut und Liebe. Die Eier, Suppenhühner und Hähnchen (Bruderhähne) kann man ebenfalls kaufen. Schaut es euch mal an! Von Herzen zu empfehlen!

Und so ein Brathähnchen wäre jetzt auch was… Aber da müssen wir wohl oder übel noch ein paar Monate warten.

Wir steigen nun langsam vom Berg ab. Bevor es endgültig runter geht, nehmen wir aber noch einen zweiten Gipfel mit, und zwar den Fiskebufjellet (1109).

Faszinierend ist, dass dieser Gipfel laut unseres Höhenprofils auf der Uhr auf der Ebene liegt. Ganz schön ungewöhnlich für einen Berg. Aber der Track sagt unbeirrt, dass wir keine Steigung vor uns haben. Achso, dann bilden wir uns die Anstrengung gerade wohl einfach ein. Wie dumm von uns.😀

Jetzt geht es aber wirklich hinab.

Schade, es war so schön hier oben! Eine wirklich tolle Gegend. Die können wir nur jedem ans Herz legen.

Nach knapp 28km beenden wir unseren Wandertag auf einem Hügel nah an einem Fluss. Stefan ist total erledigt. Auf den letzten Kilometern hat die Sonne nochmal richtig intensiv gebrannt. Vielleicht war die heute mal für ihn zu viel.

Solange wir uns abwechseln, haben wir immerhin ein fertiges Zelt und was zu essen. So übernimmt der oder die fittere Person ganz einfach die „Aufgaben“ des anderen. Zu zweit sein ist also echt praktisch! Mal ganz davon abgesehen, dass es auch noch wirklich schön ist, die Erlebnisse direkt mit jemandem teilen zu können. 😊

Übrigens: Wir sind nun knapp 600 Kilometer gelaufen. Das sieht auf der Norwegenkarte noch recht unspektakulär aus, aber damit ihr eine Vorstellung von der Entfernung bekommt:

Von Zuhause aus sind wir jetzt quasi zu Fuß nach München gelaufen. Und das ist doch schon mal ne Entfernung!

Dieser Beitrag hat 11 Kommentare

    1. Vielen Dank! 😀
      Als langfristige Alternative können wir das Tonstudio allerdings nur bedingt empfehlen. Vom Platz her ist es doch ein wenig kuschelig. Außerdem lassen sich Nebengeräusche (rauschende Bäche, zwitschernde Vögel) nicht immer vermeiden. 😉

  1. Hallo ihr beiden,

    es hat auch diesmal richtig Spaß gemacht, euren Blog zu lesen. Eure Routenwahl gefällt mir, da sie die Straßen meidet, auch wenn manche Wege etwas… naja beschwerlich waren. Für den Fall, dass ich meine geplante Route im Herbst wegen eines frühen Wintereinbruchs nicht gehen kann, würde ich eure Route als Alternative wählen. Umgestürzte Bäume hatte ich in der Austheiane auch massenweise und die machten das Wandern so richtig anstrengend.

    Das Wettrennen mit den Gewittern habt ihr amüsant beschrieben. Jedoch klingt die Mückenplage noch viel schlimmer. Deet scheint dann aber doch zu wirken oder? Irgendwie beruhigend.

    Viele Grüße
    Daina

    1. Wir freuen uns, dass du auch Gefallen an unserer Routenwahl gefunden hast. 🙂 An der ein oder anderen Stelle würde die sich ggf auch noch optimieren lassen. Wenn du die Route tatsächlich laufen willst, können wir uns dazu gerne nochmal austauschen.

      Und ja, DEET hilft. Autan kommt irgendwann einfach an seine Grenzen. Wir nutzen das von CarePlus in einer Konzentration von 40 oder 50 Prozent. Also wahrscheinlich nicht unbedingt das gesündeste – aber solange es die Mücken fern hält, halten wir die Nutzung für vertretbar. 😀

  2. Tach ihr Zwei,

    da wollte ich euch eigentlich erst unter die Augen treten, wenn ihr eine Aufmunterung braucht, aber nun ist es schon in Woche 4 geschehen.

    Grüße vom östlichsten Niederrhein, oder westlichsten Ruhrgebiet hoch in den Norden.

    Mögen eure Beine schneller als die Mücken sein.

    der elch

    1. Dafür hätten wir dann wohl eigentlich auch gar nicht bis in den Norden fahren müssen. Schön von dir zu lesen und liebe Grüße zurück nach Duisburg. 😀

  3. Eine wunderbare Lektüre eurer Reisebericht. Als mein Mann Jörg Freitag von seiner Arbeit kam und mir euren Podcast bzw. Flurfunk vorgespielt hat, hab ich anschließend direkt angefangen zu lesen 😊 Man hat das Gefühl euch ein Stück auf der Reise zu begleiten (ohne sich dabei allerdings diesen Strapazen auszusetzen). Wünsche weiterhin gutes Gelingen und lasse euch etwas Unterstützung zukommen.
    Viele Grüße Jutta
    P.S. Stefan vielleicht erinnerst du dich noch an mich von unseren Segeltörns ⛵️⚓️

    1. Aber klar erinnere ich mich! Schön von dir zu lesen und vielen Dank für deine Wünsche und Unterstützung. 😍
      Wir sind gestern in Tynset angekommen, pausieren heute und morgen geht’s dann weiter in Richtung Røros. Wir freuen uns sehr, dass dir unsere Berichte gefallen und wir dich so ein wenig mitnehmen können. 😀

  4. Hallo,
    wieder tolle Bilder und eine schöne Erzählung.

    Brathähnchen gibt es dann wieder in Münster, Nachts, nach dem Konzert oder unserem fest eingeplanten Kegelclub…

  5. Vielen Dank für die Routenempfehlung! Es sieht auf jeden Fall alles sehr verlockend aus 🙂 Wenn da bloß das Ding mit der Zeit nicht wäre…

  6. Brathähnchen, Hotels …. Elche … was hier los ist 🤣😜
    Danke T2S kann binge ich jetzt endlich den Blog einfach während des Alltags 😍 Echt spannend 😊✌️

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