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NPL Etappe 5, Vinstra bis Røros

Tag 40, 23.06.2023

Zum Start begrüßen uns Wolken und ein ordentlicher Wind.

Der will uns wohl den Berg hinunter helfen (positiv gedacht) oder sich einen Spaß daraus machen, uns auf dem steinigen Weg noch mehr Stolperfallen zu stellen (negativ gedacht).

Zum Warmlaufen geht es die ersten vier Kilometer in das Tal hinab.

Dann steht uns ein Aufstieg von 1000Hm bevor. Zuerst durch einen mückenverseuchten Wald,

über der Baumgrenze dann mit wahnsinnig guten Aussichten.

Während ich durch den Wald schnaufe, gehen mir die Sesamstraßenfragen durch den Kopf: Wieso? Weshalb? Warum? Ich bleibe aber lieber dumm und stelle die Fragen nicht laut. Stefan könnte mit vermutlich auch keine sinnvolle Antwort geben. Noch zweifelhafter finde ich diesen Aufstieg, als ich darüber nachdenke, dass ich jetzt gerade auch ebenso gut mit einem Frühstücksbier in der Hand gemütlich in meinem Campingstuhl auf dem Zeltplatz in Ysselsteyn sitzen könnte, um mir nachher gemütlich diverse gute Bands anzusehen… Aber ich habe es mir ja so ausgesucht. Also weiter bergauf.

Die Playlist versucht mich mit fragwürdiger Musik zu unterhalten und spielt Bailando von Loona (herrje, ich muss unbedingt mal Ordnung in der Liste schaffen). Zumindest erinnert mich das an eine unterhaltsame Tanzperformance auf dem Minifestival bei Matze. Und weil ich während des Wanderns nicht viel zu tun habe, als auf den Weg zu achten und Schritt für Schritt voran zu gehen, kann ich sehr genau den Liedern zuhören. Mir fällt also auf, dass die Trillerpfeife bei Bailando immer einen Tick hinter dem Takt hinterher hinkt. Unfassbar nervig. Hört also mal rein. Once you’ve heard it, it can’t be unheard.

Ich bin trotz allem erstaunt, dass mein Puls nicht allzu sehr in die Höhe schießt. Nur meine Waden brennen. Stefan gibt unnützes Wissen zum Besten: „Deshalb sagt man auch immer, dass Bergsteiger stramme Waden haben!“. Ja danke. Nur bin ich halt keine Bergsteigerin, sondern ein Flachlandei.

Es ist wie es ist. Nach den ersten 400Hm machen wir an einem Stein eine Pause. Danach geht es erst einmal nicht ganz so steil weiter.

Die Steigung verteilt sich auf mehrere Berge bzw. hat manchmal eine Ebene zwischendrin.

Unsere weitere Wanderung besteht heute hauptsächlich aus: Stehen, staunen, weitergehen.

Immer und immer wieder. Klein und unbedeutend kommt man sich hier vor, in dieser großen, weiten Landschaft. Es ist einfach nur beeindruckend.

Und hinter dem Berg geht es so weiter. Unser höchster Punkt sind heute ca. 1500 Meter. Der Ausblick in die vor uns liegende Umgebung ist fantastisch.

Es könnte einfach nicht besser sein. Heute und hier. Die Fragen nach dem Wieso? Weshalb? Warum? beantworten sich bei jedem Blick zurück und voraus selbst. Der Abstieg vom Berg ist angenehm sanft. Danach geht es über einen Fluss, den wir sicherheitshalber mit Gamaschen queren.

Hinter jeder Biegung beeindruckt uns die Natur aufs Neue.

Wir können den Reiz der Rondane durchaus nachvollziehen. Hinter der Breisjøseter-Hütte geht es für uns ein letztes Mal hinauf. Noch 300Hm, dann sind auch wirklich alle Anstiege geschafft.

Oben findet wir entweder einen schönen Zeltplatz, oder laufen weiter. Die Ebene ist allerdings übersät von Steinen und Geröll.

Die halbwegs ebenen Stellen sind mit dünnen Flechten bewachsen. Heringe kriegen wir hier nicht befestigt. Also geht es weiter bis zu unserem eigentlichen Ziel. Dank der ausführlichen Berichte von Sophie, einer NPL Läuferin aus dem letzten Jahr, wissen wir von einer Zeltmöglichkeit.

Am Fuß des morgigen Anstiegs stehen ein paar Hütten. Kurz davor bauen wir unser Zelt auf. Das Panorama ist mal wieder unglaublich schön.

Geradeaus die weite Ebene, zu unserer Linken der Veslsølnkletten und ein Bach direkt in Reichweite. Es könnte uns hier nicht besser gehen. Und das Allerbeste: Wie schon den ganzen Tag weht auch hier ein guter Wind. Wir genießen unser Essen also draußen in der Sonne ohne eine einzige Mücke. Könnte es doch nur immer so sein!

Nachts um 12 Uhr

Tag 41, 24.06.2023

Heute geht es zum Gjelten Bru Camping in Alvdal. Das sind 28km, aber mit wenig Steigung. Also quasi Entspannungsprogramm.

Die ersten 7km führen uns noch durch das Fjell.

Heute scheint die Sonne, nur der Wind ist über Nacht verschwunden. Schade. Unsere Frühstückspause verbringen wir mit Blick auf ein großes Schneefeld und weitem Ausblick auf Berglandschaften.

Nun geht es auf einer Schotterstraße weiter. Und wieder stellen wir fest, dass Straße nicht negativ sein muss. Denn das Panorama ist ein Traum.

Ab und zu weichen wir auf kleine Nebenpfade aus, um zur Abwechslung ein bisschen Waldboden unter den Füßen zu haben. An einer Nebenstraße wird es ein bisschen spannend. Wir starten auf einem richtig breiten Weg, der plötzlich immer schmaler und verwucherter wird. Wir laufen parallel zu einem Fluss und kommen an einem kleinen Grundstück vorbei.

Der Zaun ist mit Stacheldraht gesichert (das hatten wir hier noch nie) und Stefan bleibt kurz hängen. Zum Glück braucht aber nur die Hülle der Schaumstoffmatte ein Pflaster und nicht Stefan selbst. Der Pfad wird immer undurchsichtiger, aber solange noch ein Weg zu erkennen ist, geht es auch voran. Und dann endet der Weg ganz plötzlich im Fluss.

Erstaunt bleiben wir stehen. Das sieht ziemlich nach Erdrutsch aus.

Also müssen wir stattdessen einmal den Waldhang hoch und können oben auf einem neuen Weg weitergehen. Hier sieht man es dann deutlich. Der Fluss hat offenbar irgendwann seinen Lauf gewechselt. Und da verschwand der Weg dann halt.

Nach 10 weiteren Kilometern biegen wir auf einen Forstweg ab. Dieser führt wunderschön durch ein Tal zwischen zwei Bergen. Die Bäume stehen mit viel Platz, dazwischen ist der Boden von Flechten bedeckt.

Nur auf den ersten ein, zwei Kilometern gibt es ein riesiges Problem: Mücken! In Schwärmen! Es ist unglaublich. Dass wir uns kurz zuvor großzügig mit Autan eingesprüht haben, lässt die Mücken hier nur müde lächeln. Vielleicht zieht es sie auch an. Anders kann ich mir diesen Wahnsinn nicht erklären. Da hilft nur Deet, aber dazu müssten wir stehen bleiben. Und das ist keine Option. Ich spurte los, will schneller sein als die Mücken. Da es nur geradeaus geht, wird Stefan schon hinterherkommen. Beim ersten Wind schafft Stefan es, das bessere Mückenspray aus meinem Rucksacknetz zu holen. Dann schnell weiter. Beim nächsten Wind bleibt dann die Zeit zum Einsprühen. Und dann ist endlich Ruhe. Irgendwann geht die Forststraße in eine richtige Straße über. Jetzt sind es nur noch gut 4km bis zum Ziel. Wir machen eine letzte kleine Pause und haben wieder Netz. Eine Nachricht von Lars, mit der Bitte um einen Anruf, lässt uns aufschrecken. Das Telefonat mit ihm und Christina wird sehr traurig und bedrückend.
Die Chancen, dass die beiden uns besuchen kommen, sind gering. Die Gründe dafür sind absolut nachvollziehbar, aber mir bricht es in dem Moment das Herz. Die Freude auf die Beiden war riesengroß. Wir hoffen trotz allem weiterhin, dass doch noch irgendwie alles gut geht.

Unter Tränen laufe ich die restlichen Kilometer. Daniel entdeckt uns auf dem Campingplatz sofort und fragt besorgt, was los ist. Stefan übernimmt den Redepart.

Trotz allem müssen wir aber auch jetzt leider praktisch denken. Denn wir hätten nicht nur tollen Besuch gehabt, sondern auch noch neue Schuhe bekommen. Und die brauchen wir dringend. Ein Glück, dass Daniel in gut einer Woche Besuch bekommt. Und ein noch größeres Glück für uns, dass seine Freunde Nina und Berndt sich ohne zu zögern bereit erklären, unsere Schuhe mitzubringen. Uns fällt ein Stein vom Herzen! Tausend Dank!!!

Wir informieren meine Eltern, dass sie bitte ein Paket packen und das verschicken. So klappt die organisatorische Seite der Tour also ohne Probleme.

Nur wünschen wir uns dennoch, dass der Besuch trotzdem irgendwie klappt!

Den Abend verbringen wir mit leckerem Essen zu dritt und nachher zu fünft. Nele und Luis stoßen noch zu uns. Die beiden sind von Ystad aus mit dem Fahrrad unterwegs zum Nordkapp. Wir erzählen noch ziemlich lang, so dass wir erst um kurz nach 11 Uhr im Schlafsack liegen. Puh, ist das spät geworden. Aber das muss auch mal sein!

Tag 42, 25.06.2023

Heute stehe 25 Kilometer auf dem Programm. Überwiegend über Straße oder Schotterwege.

Also keine Herausforderung. Aber es fällt uns dennoch schwer. Die Stimmung ist nach der gestrigen Nachricht ziemlich am Boden. Wir wollen einfach nur ankommen und versuchen uns mit Podcasts und Co. abzulenken. Die Strecke gibt nicht viel Interessantes her. Zumindest ist sie aber durchgängig gut zu gehen, denn selbst auf den Straßenstücken herrscht kein Verkehr. Wir laufen erst auf der ehemaligen Bundesstraße, aber nun ist es nur noch eine breite Straße, die mehr von Radfahrern als Autos genutzt wird.

Immer mal wieder biegen wir auf Parallelwege ab. Nach ein paar Stunden entdecken wir von einem solchen Weg Nele und Luis auf der Straße. Stefan pfeift laut und wir winken uns nochmal zu.

Weiter geht es für viele Kilometer durch ein Waldstück.

Die Sonne brennt heute unbarmherzig auf uns. Kein Windhauch ist zu spüren und die Laune steigt demnach nicht. Als wir endlich in Tynset ankommen, sind wir erleichtert. Wir buchen zwei Nächte auf dem Campingplatz und sind irgendwie froh, morgen nicht laufen zu müssen.

Frisch geduscht geht es in den Ort zum Abendessen. Das sind nur wenige hundert Meter, also kein Problem. Wir freuen uns auf eine kalte Cola und Pommes. Zum Dönerteller gibt es noch hausgemachtes Brot. Wir sind total glücklich.

Eine gute Mahlzeit steigert die Laune eben doch erheblich. Zum Nachtisch gönnen wir uns beide noch ein Eis. Wobei, genau genommen lösen wir eine Einladung von Irmi und Dieter ein. Vielen Dank dafür!

Falls mal jemand in Norwegen eine Eisdiele eröffnen möchte: die gibt es hier quasi nie. Marktlücke! 😀
Mit sehr vollen Bäuchen drehen wir noch eine kleine (!) Runde über die Brücke.

Die breite Glomma (Norwegens längster Fluss und der größte Strom Skandinaviens) und die umliegende Gegend erinnert an das Weserbergland.

Nur die großen Berge im Hintergrund zeigen, dass wir doch in Norwegen sind.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Hallo ihr zwei.
    ich fühle mich sehr geehrt, dass Frau Elch jetzt meinen Namen trägt 🥰
    Wir sind gerade im Urlaub in Luxemburg und „wandern“ aber nur ein wenig…für euch wäre das wahrscheinlich ein kleiner Spaziergang an einem Ruhetag 😅Wir fiebern jede Woche aufs Neue auf eure Blogbeiträge und verschlingen diese und freuen uns mit und für euch und lachen immer Mal wieder herzlich. Es ist so mega gut geschrieben Ihr habt da echt alles richtig gemacht, so sehen es sicherlich auch eure Fliegen oder Mückenfreunde 😜
    Selbst unsere Kinder sind angesteckt und bekommen als Einschlagprogramm jeweils ein paar Tage NPL vorgelesen.
    Genießt noch weiter eure Auszeit und lasst uns auch gerne noch so unterhaltsam dran teilhaben.
    GLG
    Silvie

    1. Hey Silvie,
      da haben wir total vergessen, auf deinen lieben Kommentar zu antworten.😨 Wir haben sehr geschmunzelt, dass wir auch als Gute-Nacht-Lektüre dienen. 😀 Wir hoffen, dass wir euch weiterhin gut unterhalten. Einige Wochen sind wir schließlich noch unterwegs. Danach müssen wir uns wohl was Neues einfallen lassen…
      Liebe Grüße an die ganze Elchfamilie!

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