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NPL Etappe 12, Abisko bis Kilpisjärvi

Tag 110, 01.09.2023

Hilfe! Es ist September! Der letzte Monat bricht an. Und genau genommen wird es wohl auch kein ganzer Monat mehr sein, den wir hier auf dieser Wanderung verbringen. Aber lassen wir das Gefasel vom Ende. Noch sind wir hier und haben gut zu tun und einiges zu erleben.

Wir wachen heute beide fürchterlich früh auf. Warum? Keine Ahnung. So starten wir jedenfalls um 7 Uhr.

Das haben wir schon länger nicht mehr gemacht. Es regnet noch leicht, aber nach wenigen Metern verschwindet der Regen. Ebenso verschwindet auch die Grenzmarkierung, die kurz hinter unserem Zeltplatz steht.

Dichter Nebel umgibt uns. Aber noch können wir die Wegmarkierungen erkennen.

Der Weg ist einfach zu gehen und führt uns bald an den Njearreláhku. Da auch hier der Wasserstand niedrig ist, suchen wir wieder eine Route über die vielen Steine. Das klappt super! Und dann betreten wir auch schon wieder norwegischen Boden. Statt eines gelben Steinhaufens steht hier ein kleines Schild.

Nach 8,5 km erreichen wir die Gappohytta.

Wir wollen noch ein Stück weiter und dann eine Pause machen. Durch das feuchte Wetter in der Nacht sind die Steine auf dem Weg oft sehr rutschig. Das Stück von der Gappohytta runter auf die andere Flussseite wird deshalb zu einem kleinen Abenteuer. Es geht über große Steinplatten, die teilweise doch sehr tief abfallen.

An sich kein Problem, zumindest wenn es trocken ist. Wir tasten uns sehr vorsichtig von Stein zu Stein, manchmal auf allen Vieren. Sicher ist sicher. Aber dann ist es geschafft und wir genießen unsere Pause.

Der im Tal liegende Nebel wabert immer wieder hoch zur Hütte. Mal haben wir einen tollen Blick auf die Berge, dann sehen wir wieder so gut wie gar nichts. Und auf genau diesem Stand geht es weiter. Wir sind uns sicher, dass wir hier durch eine wunderbare Landschaft gehen. So schön wie die letzten Tage waren, kann es hier nur ebenso weitergehen. Doch sehen können wir absolut nichts. Teilweise suchen wir die nächste Wegmarkierung, verlaufen uns aber nicht.

Wenn man also keine Umgebung betrachten kann, kann man stattdessen umso sorgfältiger auf den Weg achten. Dabei fällt plötzlich ein Stein in unseren Blick. Steine gibt hier in endloser Zahl, doch auf diesen hat jemand etwas geschrieben. Einen NPL-Gruß.

Es sind solche Kleinigkeiten, die mich total erfreuen. Ein bisschen Sonne, ein Blick durch den Nebel, oder eben eine völlig unerwartete Nachricht auf einem Stein, die uns das Gefühl vermittelt, dass wir es bis zum Ziel schaffen können. Also DANKE für die Überraschung! Es bleibt nur eine Frage: Wer war das? 😊

Und ja, ansonsten keine Aussicht zu haben, ist schade. Aber die Nebelstimmung hat ihren ganz eigenen Reiz. Die bunten Farben des Fjells stellen einen besonderen Kontrast zu der grauen Umgebung dar. Immer wieder springen Rentiere über unseren Weg. Der Nebel schluckt auch für sie die Sicht und alle Geräusche, so dass wir uns gegenseitig überraschen. Die Silhouetten der Tiere im Nebel sehen toll aus.

All das können wir genießen, weil wir einen gut zu gehenden Weg haben. Es fühlt sich heute nicht nur an wie Herbst, wir sind mitten im Herbst angekommen.

Ganz selten erhaschen wir doch einen Blick auf unsere Umgebing. Für wenige Sekunden reißt die dichte Nebeldecke auf. Mit Glück hat Stefan gerade das Handy in der Hand und kann den Augenblick festhalten.

Wenn er es erst aus der Tasche holen muss, hat der Nebel längst wieder alles verschluckt.

Bevor wir zum Abstieg Richtung Goldahytta kommen, müssen wir noch einen Fluss, den Goldaelva, queren. Während Stefan nach einer geeigneten Furtstelle sucht, taucht vor meiner Nase plötzlich eine Brücke im Nebel auf. Das ist mal eine gelungene Überraschung!

Der Blick in das Tal vor uns ist herrlich.

Wir genießen noch eine Pause mit mal mehr, mal weniger Sicht. Als wir schließlich den Berg hinab gehen, liegt kein Nebel mehr im Tal.

Stattdessen leuchtet es zwischen den Birken intensiv rot durch die verfärbten Heidelbeersträucher.

Am See Golddajávri überlegen wir, ob wir den offiziellen, aber etwas längeren Weg links um den See herum nehmen, oder den kürzeren, aber vermutlich nicht so gut ausgebauten Weg rechts am See entlang. Die Differenz beträgt vermutlich ca. einen Kilometer. Das ist uns zu wenig, als dass sich der mögliche Mehraufwand durch zusätzliche Furten lohnen würde. Und die Wahl war absolut richtig!

Der offizielle Weg ist sehr komfortabel. Es gibt Brücken und ganz viele Planken. Schnell sind wir bis zur Goldahytta gewandert. Jetzt müssen wir nur noch überlegen, wie weit wir heute gehen wollen. Noch drei Kilometer wären es zum Treriksrøysa, dem Dreiländereck von Norwegen, Schweden und Finnland. Wir sind uns unsicher, ob wir dahinter einen Zeltplatz finden können. Und ab dem Nachmittag ist starker Regen gemeldet…

Wir möchten also auf jeden Fall früh genug das Zelt aufgebaut haben. Kurz hinter der Gappohytta treffen wir auf einen Wanderer. Ich frage ihn nach Zeltplätzen. Er sagt, dass es durchaus Plätze gäbe, nur dass das Zelten im Nationalpark ja verboten sei. Wir sind irritiert, nehmen die Info aber erstmal so hin. Und dann fällt der Groschen. Hinter dem Dreiländereck betreten wir nicht nur finnischen Boden, sondern auch ein Naturreservat, dass sich bis Kilpisjärvi zieht. Das ist natürlich etwas anderes als ein normaler Nationalpark und zelten kommt dort für uns nicht in Frage. Es bleibt also nur, vorher einen Platz zu finden. Und so beenden wir unseren Wandertag schon um 14.30 Uhr nach 23 km direkt hinter dem nächsten Bach.

Aber ist es nun 14.30 Uhr oder doch schon 15.30 Uhr? Das ist aktuell die Frage… Hier haben wir wieder Handynetz und das stammt aus Finnland. Dort ist es eine Stunde später als in Norwegen. Meine Uhr und mein Handy sind sich also uneinig, wie spät es tatsächlich ist und Stefans Handy ist schon seit ein paar Tagen völlig verwirrt (obwohl wir da noch weit von Finnland und jeglichem Netz weg waren) und springt mehrmals täglich eine Stunde vor oder zurück. Wir beschließen, dass wir uns an der finnischen Zeit orientieren wollen, damit wir morgen pünktlich zum Check-in am Hotel sind. Zum Aufwachen morgen gibt es aber erstmal einen Uhren-Handy-Vergleich. Sicher ist sicher.

Tag 111, 02.09.2023

Die Natur sagt, es habe in der Nacht viel geregnet. Wir haben das aber gekonnt verschlafen. Am Morgen zeigt sich der Himmel trocken mit einer Mischung aus blau und grau. Das könnte wohl ein guter Tag werden.

Wir haben bereits nach wenigen Metern einen Blick auf das Treriksrøysa, das Dreiländereck von Norwegen, Schweden und Finnland.

Dort sehen wir auch schon einige Leute, die große Fahnen schwingen. Ist hier heute eine besondere Feier? Wir sehen eine blau-gelbe Fahne, eine weiß-blaue und eine rot-weiße. Der schlaue Leser und/oder die schlaue Leserin bemerkt nun, dass dies die schwedische und finnische, nicht aber die norwegische Flagge ist. Entweder jemand hat sich ziemlich blöd vertan, oder es gibt einen anderen Grund. Wir gehen also weiter und erforschen den Fall. Am Dreiländereck angekommen, müssen wir kurz warten. Es stellt sich heraus, dass die Gruppe aus den drei CEOs einer skandinavischen Firma sowie einem Fotografen besteht. Den Namen der Firma haben wir vergessen, aber sie sind hier wohl die Marktführer in der Eventbranche und wollen nun global expandieren. Und einer der drei Personen ist Däne. Daher also die Flagge.

Wir unterhalten uns kurz und sagen, dass es für uns heute auch nach Kilpisjärvi ins Hotel geht. „Seid ihr auch im Cahkal?“ ist daraufhin die Frage. Ja, tatsächlich. Das ist nämlich unser Hotel für die nächsten zwei Nächte. Wir vertrauen hier auf die Empfehlung von Peter (dem Schrägen 😉, der sich inzwischen erfolgreich zum Nordkapp getanzt hat!). Wenn auch die Firmenchef*innen hier wohnen, wird das wohl keine ganz schlechte Adresse sein.

Das Dreiländereck ist ein höchst unspektakulärer Stein.

Die Grenzen sind aber gut zu erkennen, da dort entlang eine Schneise durch die Landschaft gezogen wurde.

Und natürlich wird es als Touristending vermarktet. Als Tagesausflug per Boot ist das durchaus beliebt. Wir sind aber früh genug und genießen den Ort für uns allein. Jetzt haben wir Schweden ganz offiziell endgültig hinter uns gelassen.

Bevor es ins Hotel geht, müssen wir noch einige Kilometer wandern. Ab jetzt geht es in Finnland weiter.

Wir durchqueren den Mallan luonnonpuisto, also das Malla Naturreservat. Und das ist wieder super schön! Es geht bergauf, über eine Ebene und weiter bergauf.

Die Birken strahlen herbstlich gelb und einige Bäume haben bereits die Blätter verloren. Teilweise sind die Wege laubbedeckt.

Der Weg gefällt uns richtig gut. Als wir auf der anderen Bergseite gemächlich Richtung Tal gehen, wird der Weg immer breiter und ausgetretener.

Das hier ist ein beliebter Ausflugsort für Tageswanderungen oder sogar sehr motivierte Menschen, die hier joggen. Wir treffen also auf einige Leute.

Am Ende des Parks landen wir auf einem sehr vollen Wanderparkplatz, der an der Hauptstraße liegt. Und die ist noch durchaus gut befahren. Ich brauche einen Moment, um den Übergang zwischen Natur und Zivilisation zu verarbeiten. Der Bruch war hier für mich zu hart.

Ein Stück geht es noch an der Straße entlang, dann betreten wir das Ravintola Kilpisjärven retkeilykeskus. Das ist ein Hotel bzw. eine Ferienhausanlage mit Restaurant. Wir sind um 12.15 Uhr da und freuen uns auf den Mittagstisch. Als die Kassiererin uns den Preis (29 € für uns zwei) nennt, will mein Kopf direkt umrechnen. Nein, Moment! Hat sie Euro gesagt? Ach natürlich… Wir sind nun schließlich in Finnland und hier wird mit Euro gezahlt. Ganz schön ungewohnt!

Wir stürzen uns auf das Salatbuffet

und freuen uns anschließend über einen Hauptgang (vor allem das Ofengemüse) und leckeren Rhabarberkuchen zum Nachtisch. Essen können wir, so viel wir wollen. Es ist ein kleines Buffet.

Wir haben inzwischen jedoch festgestellt, dass wir zwar sehr oft Hunger haben, aber keine riesengroßen Portionen mehr essen können. Unsere Mägen haben sich wohl an oft, aber kleinere Mengen gewöhnt. Die verbleibenden 5,5 km bis zum Hotel nutzen wir also als Verdauungsspaziergang. Wir haben eindeutig zu viel gegessen…

Unser Hotel ist ziemlich neu, sehr schick und der Ausblick aus unserem Zimmer ein Traum.

Also scheint sich der nicht ganz so günstige Preis zumindest bezahlt zu machen. Wir genießen eine ewig lange Regendusche und haben hier sogar die Möglichkeiten, unsere Kleidung zu waschen. Da alle Zimmer einen Trockenschrank haben, wird die Wäsche auch schnell wieder trocken.

Heute brauchen wir unsere Kleidung aber noch. Denn wir müssen ca. 500 m zurück „in den Ort“, also eher die Straße runter, zum Einkaufszentrum. Ein paar Snacks für den Abend kaufen und ein Paket bei der Post abholen. Der Supermarkt ist groß und bietet alles, was man sich vorstellen kann. Lebensmittel, Souvenirs, Haushaltswaren und eine Baumarktabteilung.

An der Post holen wir unser letztes Paket ab. Das wartet hier seit zwei Tagen auf uns und ist durchaus eine Überraschung, denn wir wissen gar nicht mehr so genau, was wir alles eingepackt haben. Ein paar wärmere Ausrüstungsgegenstände waren uns bewusst, doch dass da so viele Lebensmittel drin sind… Wir haben wohl wahllos alles reingeworfen, was noch übrig war. Und ich entdecke neues Verbandszeug. Vor der Reise habe ich mir wohl tatsächlich regelmäßige Verletzungen ausgemalt, die einen Verband erfordern… Es ist immer schön, wenn man so viel Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten hat. 🤦‍♀️ Die gehen also morgen wieder zurück. Da sortieren wir nämlich nochmal genau aus, was wir nicht mehr brauchen.

So vergeht der restliche Tag also schnell. Als Abendprogramm gucken wir einfach aus dem Fenster. Schöner ist es nur direkt aus dem Zelt heraus.

Tag 112, 03.09.2023

Es ist verrückt, aber in den Unterkünften schlafen wir immer eher schlecht. Also sind wir früh wach, genießen die heiße Dusche und sind um kurz nach 8 Uhr beim Frühstück.

Das Buffet hat eine angenehme Größe und bietet alles, was wir wollen. Als nach wenigen Minuten die Servicefrau mit einer Flasche Sekt an unseren Tisch kommt, bin ich ob der Uhrzeit etwas irritiert. Allerdings sind sämtliche Tische mit Sektgläsern eingedeckt. Sie fragt uns, ob wir ein Glas alkoholfreien Sekt zum Frühstück trinken möchten. Ahh! Natürlich sagen wir ja. (Und ja, wäre der Sekt nicht alkoholfrei gewesen… Wir hätten wohl trotzdem ja gesagt. Alles andere würde man uns wohl sowieso nicht glauben. 😀).

Wir genießen das gemütliche Frühstück, trinken ganz viel Tee und machen uns dann daran, das Chaos, welches gestern noch unser Hotelzimmer war, zu sortieren.

Wir überlegen genau, was wir noch brauchen und was zurück nach Hause kann. Letztendlich fliegen ein paar Kleinigkeiten raus und jede Menge Essen, dass wir gestern erst aus dem Paket geholt haben. Es ist einfach viel zu viel für die nächste Etappe und wir wollen nicht mehr tragen, als wir in den Tagen tatsächlich essen werden. Weniger Gewicht ist einfach zu viel wert.

Also geht es anschließend wieder zur Post und dann noch kurz zum Supermarkt, um die allerletzten Kleinigkeiten zu kaufen. Und siehe da, wir lernen doch noch dazu. Heute kaufen wir nämlich nichts, was wir heute gerne essen würden. Sonst stehen wir morgen doch wieder vor zu vielen Lebensmitteln, die wir unnütz schleppen müssen. Es fällt uns zugegeben nicht ganz leicht, aber wir bleiben standhaft. Und außerdem freuen wir uns auf ein schönes Abendessen hier im Hotelrestaurant.

Nach dem Einkaufsausflug nutzen wir die Hotelwaschmaschine, telefonieren noch und beobachten immer wieder das Rentier, das vor unserem Fenster unterwegs ist. Eine kleine Rentierherde ist hier in Kilpisjärvi heimisch und spaziert gerne zwischen den Häusern rum.

Wir kriegen den Tag also gut gefüllt.

Schon vorab bedanken wir uns für die Einladung zum Essen bei Corinna. Das richtige Geburtstagsessen holen wir dann aber bald zu dritt nach!

Und da auch die Getränkekarte wirklich gut aussieht, werden wir uns nach dem Essen vermutlich mit einem leckeren Cocktail verwöhnen. Somit kommen wir auch endlich dazu, die Einladung von Ruth und Merlin einzulösen.

Herzlichen Dank euch allen! 💚

Ausblick

Es steht die letzte größere Routenentscheidung der Tour an. Gehen wir weglos über das Nábár nach Alta oder nehmen wir den kleinen Umweg über Kautokeino? Das Herz spricht für das Nábár, das Wetter sagt Kautokeino.

Da die Wetterprognose für die nächste Woche unbeständig und durchwachsen ist, fällt der Weg über die Hochebene wohl aus. Bei Nebel und Regen wäre das definitiv keine gute Routenwahl.

Da wir bisher so eine traumhaft schöne Tour hatten, ist es für uns auch okay, wenn wir nun das Nábár nicht mitnehmen können. Irgendwo muss mal wohl auch mal ein bisschen Pech haben. 😉

Außerdem haben wir festgestellt, dass der Umweg über Kautokeino gar nicht so groß ist, wie man mit Blick auf die Karte vermuten könnte. Unter der Annahme, dass wir alternativ übers Nábár und Alta auch in Richtung Stabbursdalen laufen würden, beträgt der Umweg maximal 35 km bzw. 1 Tag.

So wird die nächste Etappe bis Kautokeino eher kurz. Wir peilen ungefähr sechs Tage an.
Vorher geht es noch ein Stück durch Finnland und dann geht es hinab in das Reisadalen. Wie immer sind wir gespannt, was uns in den nächsten Tagen erwartet.


 Strecke

Die Strecke der 12. Etappe im Überblick:

8 Wandertage, 199 km, 5.305 hm

(Gesamtstrecke: 2.276 km, 56.853 hm)


Das unterhalb der Karte angezeigte Höhenprofil bezieht sich auf die (erste) ausgewählte Teilstrecke. Die einzelnen Teilstrecken können innerhalb der Karte ausgewählt werden.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Ich freue mich riesig für euch, dass ihr schon lange nichts mehr von Mücken, Stechfliegen und sonstigem Getier berichten müsst – sehr entspannend, auch für mich 😉

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