Skip to content

NPL Etappe 12, Abisko bis Kilpisjärvi

Tag 104, 26.08.2023

Wir brauchen wieder eine ganze Weile, bis wir die ganzen Lebensmittel im Rucksack verstaut haben. Das wird heute eindeutig mal wieder kein Spaß.

Doch uns lacht die Sonne entgegen und so gehen wir so gut gelaunt, wie das mit schwerem Rucksack möglich ist, los. Die ersten Kilometer gehen wir durch den Abisko Nationalpark.

Der Weg ist sehr entspannt zu gehen.

Auch nach dem Nationalpark geht es auf schönen kleinen Wegen weiter.

Wir gehen heute sehr lange am Torneträsk entlang. Der blaue See strahlt mit dem blauen Himmel um die Wette.

Es ist wieder einfach schön. Zwischendurch hören wir gelegentlich die Erzbahn, die auf den Bahngleisen deutlich oberhalb des Wanderwegs fährt. Die Wege sind immer wieder mit Holzplanken ausgelegt.

Wir genießen den Luxus auf den verbleibenden schwedischen Kilometern. Manchmal muss man jedoch aufpassen, denn bei Nässe können die Planken durchaus rutschig werden. So fliegt Stefan absolut filmreif vor mir der Länge nach nach hinten über die Holzbretter und landet krachend auf seinem Rucksack. Zum Glück ist nichts passiert. Stefan bedauert es nur sehr, dass die frisch gewaschene Hose nun direkt wieder total eingesaut ist. Wenn’s sonst nichts ist…

Ansonsten lässt sich über den Weg eigentlich gar nicht viel sagen. Es gefällt uns einfach gut und wir genießen den Weg, die Aussichten und das schöne Wetter. Nachdem wir durch eine kleine Siedlung gegangen sind, biegt der Wanderweg vor dem Bahnübergang ab.

Nun hängen für einige Kilometer alle 500 Meter Entfernungsangaben in den Bäumen. Von 0,5 bis 5,5km. Wahrscheinlich gibt es hier einen Lauf oder sowas. Ich finde das gerade allerdings sehr demotivierend. Für mein Gefühl dauern die 500 Meter von Schild zu Schild ewig, dabei beweist mir die Uhr das Gegenteil. Ich bin also sehr froh, als die Schilder plötzlich aufhören.

Als Ziel haben wir uns für heute die Lappjordhytta vorgenommen, die kurz hinter der Grenze (auf norwegischer Seite) steht.

Fünf Kilometer vor dem Ziel machen wir unsere letzte Pause. Und dann bekommen wir von einer uns entgegenkommenden Wanderin die Info, dass es an der Hütte kein Wasser gäbe. Der Bach sei ausgetrocknet. Also müssten wir Wasser mitnehmen. Nur liegt die Hütte an einem Berg und auf einen Aufstieg mit zusätzlichem Gewicht haben wir eigentlich gar keine Lust. Unentschlossen gehen wir weiter.

Als wir zu dem letzten Bach kommen, der vor der Hütte noch Wasser führt, beschließen wir, einfach direkt daneben zu zelten. Wir sind zwar unmittelbar am Weg, aber hier ist nicht nur ein Bach, sondern auch ein kleines Stück Strand, auf dem wir unser Zelt genau passend aufbauen können.

Bei dem Wetter ist zelten ohnehin viel schöner als in einer Hütte zu sitzen und Wasser gibt es mehr als genug. So beenden wir unseren Wandertag nach fast 24 km. Die drei Kilometer bis zur Hütte gibt es dann halt morgen.

Tag 105, 27.08.2023

Die Sonne weckt uns wieder. Also freuen wir uns auf einen schönen Tag.

Gestern Abend war es wieder sehr frisch, so dass ich meine Socken in den Schlafsack gelegt habe. Damit sie heute morgen schön warm sind. Das wäre aber bei den warmen Temperaturen gar nicht nötig gewesen. Und so fällt mir erst auf, dass ich noch Socken anziehen muss, als der Rucksack schon komplett gepackt ist. An den Schlafsack komme ich so nicht mehr ran, aber auch der Packsack mit den anderen Socken ist natürlich tief im Rucksack… Da kommt richtig Stimmung auf! Ich packe also nochmal aus und anschließend wieder ein. Mit Socken läuft es sich schließlich besser.

Wenige Meter nach dem Start kommen wir an der Pålnostua vorbei, einer schwedischen Hütte. Sie scheint aber schon geschlossen zu sein.

Dann kommt uns ein Wanderpaar entgegen. Sie schwärmen von der Lappjordhytta und berichten, dass sie am Nordkapp gestartet seien und bis nach Kvikkjokk wandern würden. Da die zwei schätzungsweise im Alter unserer Eltern sind, hegen wir die Hoffnung, auch in ein paar Jahrzehnten noch mit dem Rucksack unterwegs sein zu können. Das wäre wirklich schön!

Danach begegnen wir für den restlichen Tag niemandem mehr.

Bevor wir uns an den Aufstieg zur Lappjordhytta machen können, müssen wir erst die schwedisch-norwegische Grenze passieren. Und die kann man eindeutig nicht verpassen! Ein riesengroßer gelber Steinturm markiert die Grenze. Nicht schön, aber unübersehbar.

Danach geht es steil bergauf. Ist das anstrengend! Völlig überraschend taucht urplötzlich die Hütte vor mir auf. Da hat der DNT mal wieder ganze Arbeit geleistet und einen wunderbaren Panoramaplatz für eine Hütte gewählt.

Der Ausblick ist wunderschön und wir können einfach nicht anders, als direkt draußen vor der Nyhytta (der „neuen“ Hütte, Jahrgang 1976) Pause zu machen. Nach drei Kilometern ist das zwar etwas früh, aber warum nicht. Natürlich werfen wir auch einen Blick in die alte und neue Hütte. Schön! Aber draußen ist es noch schöner.

Für eine Überraschung sorgt dann der Hinweis, dass es durchaus Wasser gibt. Durch den Bach fließen keine Mengen, aber da es ein Brunnenhaus gibt, in dem das Wasser gesammelt wird, ist genug vorhanden. Das Brunnenhäuschen verfügt übrigens über einen Sommer- und Winterzugang. Sehr pfiffig!

Nach der Pause geht es leider beschwerlich weiter. Eine alte Wanderweisheit* besagt: „Wer Schönes sehen will, muss leiden“ und der Weg meint, dass die Aussicht auf der Hälfte des Berges auch nur halb so schön ist, wie oben.
(*eventuell habe ich mir das auch nur ausgedacht)

Wir gehen also weiter bergauf.

Es ist anstrengend, die Rucksäcke sind immer noch zu schwer und es ist wahnsinnig schön.

Seit wir wieder in Norwegen sind, befinden wir uns im Rohkunborri-Nationalpark und dieser verzaubert uns mit seiner bergigen und einsamen Landschaft.

Nur ein paar Rentiere sind hier mit uns unterwegs, sonst ist weit und breit nichts und niemand zu sehen.

Vereinzelt gibt es noch Schneefelder in den Berghängen, aber die Flüsse sind alle niedrig genug, dass wir ohne Schuhwechsel hindurch kommen.

Hinter einem Pass stoßen wir auf eine unbewohnte Sami-Siedlung. Zumindest nehmen wir an, dass es eine ist.

Danach führt der Wanderweg immer mal wieder auf dem Zufahrtsweg sowie kreuz und quer drumherum.

Die Fahrtspur ist aber maximal mit Quads zu befahren und selbst dafür ziemlich kaputt. Scheinbar soll dieser aber bald mit Planken erneuert werden, denn in regelmäßigen Abständen liegen neben dem Weg große Blöcke Holzplanken.

An einer Stelle auf dem Weg stolpere ich. Ich versuche mich aufzufangen, werde aber von meinem Rucksack stark daran gehindert. Er hat sich offenbar mit dem Weg verbündet und beide wollen mich nun zu Fall bringen. Über mehrere Meter springe ich chaotisch über den Weg, bis ich tatsächlich wieder stabil stehe. Ich bin fasziniert davon, nicht gefallen zu sein. Stefan ist fasziniert von der Situation. Er sucht die Stelle, über die ich gestolpert sein könnte, doch genau dort ist nichts anderes als absolut ebener Weg. Tja, wenn der Weg mich nicht herausfordert, fordere ich mich halt selbst und verheddere mich in meinen eigenen Füßen…

Als wir den Nationalpark verlassen, geht es für gut zwei Kilometer über eine Schotterstraße weiter.

Wir passieren den Staudamm des Altevatnet und steuern unser Ziel, die Altevasshytta an.

Doch als wir davor stehen, haben wir eigentlich gar keine Lust, hineinzugehen. Zu schön ist das Wetter und die Umgebung lässt darauf schließen, dass wir schnell einen Zeltplatz finden könnten. Da wir ohnehin noch keinen Schlafplatz gebucht haben (das muss man in dieser Hütte nämlich), gehen wir einfach weiter.

Nach ca. 200 Metern finden wir oberhalb der Hütte tatsächlich einen wunderbaren Platz.

Wir sind nah am Weg, aber außerhalb der unmittelbaren Sicht der Hütten, die unter uns stehen und wir haben einen tollen Blick auf den See. So können wir den Abend in der verbleibenden warmen Sonne genießen. Das war wieder ein richtig schöner Tag heute. Lang, vor allem auf den ersten 10 Kilometern sehr anstrengend, aber auch absolut toll!

Tag 106, 28.08.2023

Der Himmel zeigt heute eine Mischung aus blau und bewölkt. Eigentlich hat die Wettervorhersage noch einen schönen Tag versprochen, doch der Blick nach oben lässt uns die Vorhersage kritisch hinterfragen.

Der Weg ist wieder recht einfach zu gehen, aber mir fällt das Wandern heute sehr schwer. Ich fühle mich müde und kraftlos und schleppe mich über die Strecke.

Nach 12 km kommen wir zur Gaskashytta, an der wir eine Pause machen. Die letzten fünf Kilometer dorthin sind ein ziemlicher Kampf für mich. Und dann regnet es auch noch. Aber egal, in der Hütte ist es ja trocken.

Draußen vor der alten Hütte herrscht reger Betrieb. Eine Norwegerin, die sich als Verantwortliche für die Gaskashytta herausstellt, erklärt uns, dass die alte Hütte angehoben wird. Das ist ein riesengroßer Aufwand, der jedoch nötig ist, damit die Vegetation das Holz der Hütte nicht irgendwann angreift, da die Hütte mit den Jahren absackt. Was für eine spannende und herausfordernde Arbeit!

Wir verziehen uns in die neue Hütte und sind direkt verliebt. Sie ist klein, aber urgemütlich. Hier könnten wir es tatsächlich auch gut aushalten… Von der Hüttenwartin, die hervorragend deutsch spricht, bekommen wir noch ein paar Tipps für die weitere Route. Immer wieder praktisch auf Leute zu treffen, die sich in der Umgebung auskennen!

Wir nutzen die Pause, um ein bisschen zu essen und dann lege ich mich noch für ein paar Minuten hin, in der Hoffnung, dadurch etwas fitter zu werden. Tatsächlich fällt mir die endgültige Entscheidung für den weiteren Weg schwer, aber ich will noch nicht Feierabend machen. Also beschließe ich, dass wir weitergehen.

Bis zur Vuomahytta liegen noch gute 17 km vor uns. Das wird also wieder ein langer Tag, wenn wir denn so weit kommen. Jetzt geht es über eine Strecke von 8 km bergauf.

Erst durch ein paar Birken, dann wird die Landschaft zunehmend karger.

Es gefällt uns hier richtig gut. Je höher wir kommen, desto windiger wird es. Und der Wind ist ganz schön eisig. Rundum die höchste Stelle geht es für ein paar Kilometer über Steine.

Da es trocken ist, klappt das wieder problemlos und macht mir auch tatsächlich wieder ein bisschen Spaß. Und dann geht es bergab, immer weiter in das Tal hinein. Stefan nennt es „das Tal der Dunkelheit“. Bei der Aussicht kein Wunder.

Aber das bestätigt sich zum Glück nicht.

Entgegen des Vormittags klappt das Wandern nun richtig gut. Die ausgedehnte Pause an der Gaskashytta hat wohl geholfen.

Knapp 4 km vor unserem Ziel machen wir eine letzte kurze Pause, um die Rucksäcke nochmal abzusetzen. Da freuen sich Rücken und Hüfte. Stefan rätselt, ob er die Vuomahytta wohl schon sehen könne. Ich sehe nur Steine. Also ist er entweder ein Adlerauge oder der Wunsch lässt ihn fantasieren… Motiviert gehen wir weiter. Bald ist das Ziel erreicht! Doch die Kilometer ziehen sich. Unsere Hütte konnte man von unserem Pausenplatz aus nicht sehen, aber tatsächlich steht eine kleine Samihütte an einem Hang, die Stefan wohl erspäht hat.

Als wir endlich nah genug an die Vuomahytta herankommen, sehen wir Rauch aus der alten Hütte aufsteigen. Die ist also bewohnt. Dann steuern wir mal direkt die neue an. Vielleicht haben wir Glück und sind allein. Und selbst wenn nicht, wäre diese unsere erste Wahl, da sie riesengroße Panoramafenster hat. Den Ausblick wollen wir genießen!

In der Hütte werden wir von Silke aus Berlin begrüßt. Wir freuen uns nach fast 30 km auf den Feierabend und sind ziemlich müde, doch der Abend wird lang und schön. Silke kennt sich in der Gegend richtig gut aus und gibt uns viele Tipps. Und sie träumt davon, selbst einmal NPL zu gehen. Wir haben uns also viel zu erzählen. Neben uns dreien gibt es noch eine vierte Mitbewohnerin, die sich aber einen ruhigen Abend allein macht.

An dieser Hütte begegnet uns auf der Toilette zum ersten Mal der norwegische König in Form eines DIN A4 Fotos.

Ist das nun ein Zeichen der Zuneigung oder Ablehnung, wenn man auf der Toilette verewigt wird? 🤔

Ganz überrascht sind wir, als um 21.20 Uhr (es ist schon fast dunkel) noch eine Gruppe von drei norwegischen Rentnerinnen auftaucht. Silke zieht kurzerhand in unser Zimmer, damit die drei einen Raum für sich haben. So liegen wir letztlich erst um halb 11 im Bett und erzählen dann noch weiter. Ein früher Start wird das also morgen nicht, aber da wir ohnehin nur bis zur nächsten Hütte gehen wollen, ist das total egal.

Wir haben uns sehr gefreut, dich kennenzulernen, liebe Silke! Wir stehen für jede weitere Frage zur Verfügung. Und vielen Dank für Kekse, Magnesium und Trinkschokolade! 😀

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Ich freue mich riesig für euch, dass ihr schon lange nichts mehr von Mücken, Stechfliegen und sonstigem Getier berichten müsst – sehr entspannend, auch für mich 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

An den Anfang scrollen