Irland 2025 – Beara Way
Tag 17, 17.08.2025
Am nächsten Morgen bin ich maximal gerädert. Ich habe mit sämtlicher Kleidung, die die Packsäcke hergegeben haben, versucht die Unebenheiten auszugleichen, aber leider ohne Erfolg. Als wir das Zelt abbauen und die Liegefläche durch das platte Gras in all ihrer „Pracht“ zu erkennen ist, wundere ich mich nicht mehr. Das kommt davon, wenn man nicht probeliegt. Aber alternativ hätten wir wohl auch nichts Besseres finden können.
Wir gehen bei dichten Wolken los und genießen die kühle Luft. Zunächst gehen wir ein Stück bergauf und folgen dem Weg dann über eine Hochebene. In der Ferne erkennen wir eine kleine Wandergruppe.
Der Weg ist leicht und es macht Spaß in der bewölkten Landschaft unterwegs zu sein. Entgegen der Wettervorhersage ist es trocken, auch wenn wir nicht sicher sind, ob das so bleibt. Aber wir genießen jeden trockenen Meter. Doch ganz egal, was das Wetter heute bringt: wir haben eine Unterkunft! Und auf die freuen wir uns wirklich sehr!
Der Weg führt von der Hochebene herab Richtung Ardgroom. Dort holen wir die Wandergruppe schließlich ein und erkennen, dass es sich um die Familie handelt, mit der wir auf Dursey Island kurz gesprochen haben. Jetzt fällt die Unterhaltung etwas länger aus und wir erfahren, dass wir heute alle bei Sheilas Mountain View Lodge übernachten werden. Da können wir also heute Abend noch weiter plaudern. Besonders interessant ist für uns die Info, dass Sheila, die Betreiberin des Bed and Breakfast, für die Familie kocht. Ein Abendessen würden wir auch nicht ablehnen… sobald wir aus dem Ort raus sind, rufe ich also bei Sheila an und erkläre ihr die Situation und frage nach, ob wir wohl auch mit durchgefüttert werden könnten. Sheila lacht ziemlich und sagt zu. Hurra! Wenn das mal keine fantastischen Aussichten sind!
Hinter Ardgroom weicht unser Track von der offiziellen Beschilderung ab. Wir hatten erwartet heute viel über Straßen zu gehen, doch der Weg führt nun wohl durch das Gelände.
Schnell wird klar, dass wir so wieder mehrere Kilometer an Strecke und diverse Höhenmeter für den heutigen Tag „gewinnen“, aber das macht uns nichts. Sofort bekommen wir auf dem Untergrund wieder nasse Füße. Die Schafsweiden sind gewohnt nass und stellenweise wieder sehr matschig. Trotz des grauen Wetters haben wir tolle Aussichten und genießen den Tag sehr.
Als wir langsam bergab gehen, entdecken wir wunderbare Zeltwiesen.
Die haben hier eindeutig Seltenheitswert. Aber für uns geht es weiter. Am Fuß des Berges folgen wir für wenige Meter der Straße um dann erneut ins Grün abzubiegen. Auch hier entspricht die Wegführung nicht der unseren. Statt der Straße zu folgen, dürfen wir nun zwei weitere Berge erklimmen.
Wir werden dabei misstrauisch bis neugierig von etlichen Schafen beäugt. Während des ersten Abstiegs verfolgt uns ein sehr aufgebrachtes Schaf hartnäckig und meckert uns vehement an. Zuerst sind wir irritiert, denn so verhalten sich die Schafe normalerweise nicht. Doch dann verstehen wir: Weiter unterhalb sind noch ein paar Schafe und diese möchte das „aggressive“ Schaf warnen oder schützen. In einem Anflug großen Mutes rennt es haarscharf an uns vorbei und zu den anderen Schafen. Danach gibt es keine spannenden Schafserlebnisse mehr.
Der zweite Aufstieg ist leicht geschafft. Zum Glück sehen die Anstiege aus der Entfernung häufig schlimmer aus, als sie es dann sind. Beim Abstieg verbreitert sich der Weg allmählich und führt an zwei kleineren Steinkreisen vorbei. Die gibt es am Weg immer mal wieder. An einem Steinkreis findet ein Fotoshooting, dem Outfit nach zu urteilen für Brautmode, statt. Das werden sicherlich tolle Fotos in dieser Landschaft.
Für die letzten Kilometer geht es dann aber wirklich über die Straße. Wir freuen uns, als wir an der letzten Abzweigung ein Schild sehen, dass uns auf den letzten Kilometer hinweist. Allerdings scheint es bei den Iren üblich zu sein, sehr großzügig abzurunden. Der eine Kilometer entspricht in der Realität eher 1,9 Kilometern, aber dann sind wir da. Der Mountain View ist zwar etwas nebelverhangen, aber die Lage des Hauses ist wirklich schön.
Wir werden von Sheilas Mann begrüßt, der uns direkt Kaffee und Tee anbietet, aber wir gehen lieber erst duschen. Das ist für alle angenehmer. Doch dann setzen wir uns ins Wohnzimmer, genießen die wunderbare Aussicht bei Kaffee, Tee und Keksen und spielen ein bisschen Karten.
Da wir um 15.45 Uhr angekommen sind und jetzt nichts mehr zu tun haben, fühlt es sich fast wie ein halber Pausentag an. Die knapp 25 Kilometer verneinen das jedoch entschieden.
Das Abendessen ist für halb 7 angesetzt und wir haben richtig Hunger. Um 18.20 Uhr trudelt auch die deutsche Familie ein, die ein Ferienhaus ein Stück entfernt belegt. Mit sechs Personen lohnt sich das. Zusätzlich gesellt sich noch eine Schwedin zum Abendessen.
Und meine Güte, werden wir verwöhnt. Zuerst gibt es eine Kartoffel-Lauchsuppe, zum Hauptgang ein vegetarisches Curry mit Reis und den krönenden Abschluss bildet eine Schokoladentorte, die mich direkt beim Zahnarzt anrufen lassen will. Bei einer obligatorischen Kanne Tee und netten Gesprächen lassen wir den Abend ausklingen.
Tag 18, 18.08.2025
Wir sind zwar noch gut gesättigt vom Abendessen, aber die Ausrede lässt Sheila beim Frühstück nicht gelten. Es gibt Brot, Toast, Scones, Müsli, Rührei, Bohnen, Obstsalat und Joghurt. Wir sind froh, das Porridge abgelehnt zu haben. Auch so sind wir kurz davor zu platzen. Die Scones packen wir direkt ein. Es wäre absolut unmöglich, die jetzt noch zu essen.
Sheila gibt während des Essens Anekdoten zu ihren Enkelkindern zum Besten. Die Fotos der Kinder sind überall zu sehen und Oma Sheila strahlt nur so vor Stolz über ihre Kinder und Enkel.
Was für ein wunderbarer Ort hier! Wer den Beara Way wandert, sollte hier definitiv eine Nacht verbringen. (Aber bucht ja nicht über Booking, sondern ruft direkt an! Die Schelte konnte Sheila sich nicht verkneifen.)
Die Schwedin ist ca. eine halbe Stunde vor uns aufgebrochen und die Familie überspringt die ersten sechs Straßenkilometer und lässt sich von Sheilas Mann fahren. Wir sind also allein unterwegs und gespannt auf das heutige Wetter. Die Vorhersage ist zwar über Nacht von Dauerregen auf vereinzelte Schauer gewechselt, jedoch gibt es eine ganztägige Gewitterwarnung. Sicherheitshalber haben wir gestern eine Unterkunft in Kenmare gebucht. Das widerstrebt uns etwas, da wir gerne im Zelt geschlafen hätten, aber das angekündigte Wetter und die vermutlich wieder schwierige Zeltplatzsituation haben uns dann doch auf Nummer sicher gehen lassen.
Die Straßenkilometer sind angenehm einfach zu gehen,
auch wenn wir dabei direkt den ersten starken Anstieg hinter uns bringen dürfen.
Vor dem Einstieg ins Gelände sprühen wir unsere Beine wieder ein, um den Zecken etwas entgegenzusetzen. Und dann müssen wir nach wenigen Metern doch tatsächlich mal ernsthaft nach dem Weg suchen.
Es sind viele Markierungen zu sehen, aber die gehören eindeutig nicht zu unserem Weg. Wir müssen über den nächsten Bergpass und in dem Gelände schaffen wir das sicherlich auch ohne Weg. Also los.
Irgendwann tauchen die Markierungen wieder auf und so haben wir die Bestätigung auf dem richtigen Weg zu sein.
Kurz vor dem Pass hören wir das erste eindeutige Grummeln. Also schnell über den Berg und dann mal sehen, was passiert. Bis zum Abstieg dauert es ein bisschen länger, als wir gedacht haben, doch das Gewitter ist geduldig.
Erst als wir im Tal sind, nimmt das Gewitter Fahrt auf. Es kann sich wieder nicht für eine Stelle entscheiden und präsentiert Blitze und Donner wild um uns herum. Dann setzt ordentlicher Regen ein und das Gewitter lässt zum Glück nach.
So dürfen wir entspannt den nächsten Berg erklimmen. Den Umweg zum höchsten Wasserfall Irlands lassen wir aus. Aus der Entfernung wirkt er schließlich auch schön. Der nächste Anstieg sorgt dafür, dass wir endgültig ziemlich nass werden. Wir gehen permanent durch hohen und sehr nassen Farn.
Der Zeckenschutz ist also mehr als hinfällig und die Frage ist nicht ob, sondern wie viele Viecher wir sammeln. Aber der Weg ist schön und teilweise sogar mit Planken ausgelegt. Welch ungewohnter Luxus! Beim Abstieg überholen wir die Familie. Sie haben zwar auch eine Unterkunft in Kenmare, doch wir treffen uns nicht nochmal.
Die letzten Kilometer vor Kenmare geht es am Kenmare Bay entlang. Wir folgen dem Uferweg durch den Wald und genießen die Abwechselung.
Wald hatten wir heute noch nicht und dieser hier ist wieder wirklich schön. Dort treffen wir auf die Schwedin, die sich hinter dem Wald abholen lässt. Ihre Unterkunft ist in einer anderen Stadt, da sie in Kenmare keine mehr bekommen hat. Das kommt uns ziemlich seltsam vor, da wir erst gestern unser Zimmer gebucht haben, aber wir vermuten, dass es bei ihr an der Organisation liegt, mit der sie ihre Wanderung gebucht hat. Im Gegensatz zu uns ist sie nämlich nur mit Tagesgepäck unterwegs und lässt den großen Rucksack transportieren.
Also verabschieden wir uns und gehen in die Stadt. Hier ist wieder einiges los und wir freuen uns, als wir in der Ruhe unseres Zimmers sind. Die Dusche ist angenehm, aber nicht so nötig wie gestern. Die Zeckensuche lohnt sich hingegen sehr, aber immerhin werden wir nicht zweistellig.
Zum Abendessen nehmen wir den kurzen Weg direkt ins Hotelrestaurant. Der Raum ist sehr groß und dementsprechend laut. Das gefällt uns gar nicht. Doch das Essen schmeckt und anschließend ziehen wir weiter. Auf ein Bier geht es ins örtliche Brauhaus, doch die Livemusik dort ist nicht unser Fall (Sweet Caroline und Country Roads sind sooo unnötig. Wie konnten die nur jemals zum Hit werden?). In einer kleinen und sehr urigen Bar stimmt hingegen die Musik und an der Bar testen wir die ersten irischen Whiskeys.
Jetzt könnten wir problemlos die Nacht durchfeiern, aber wir entscheiden uns für die Vernunft und gehen lieber ins Bett. Die Wanderung ist schließlich noch nicht zu Ende.
Wir sind übrigens froh über das Hotel, denn Zeltplätze wären maximal auf den ersten paar Kilometern zu finden gewesen.
Tag 19, 19.08.2025
Unser Plan, heute nur die halbe Strecke bis nach Killarney zu wandern, löst sich schon am Morgen auf. Stefan entdeckt, dass zelten unterwegs verboten ist und tatsächlich hätten wir da auch selbst drauf kommen können. Da wir den Killarney Nationalpark durchwandern und in Nationalparks das Zelten häufig verboten ist, geht es heute halt bis zum Campingplatz in Killarney. Eine letzte Zeltnacht wollen wir uns definitiv nicht nehmen lassen.
Im Hotelrestaurant frühstücken wir und das Frühstück ist wieder ganz hervorragend. Neben frischem Obst, Müsli und Toast dürfen wir aus speziellen Gerichten wählen und so haben wir wieder eine perfekte Basis für die Wanderung.
Gegen 10 Uhr gehen wir los.
Die ersten Kilometer führen über eine Straße aus der Stadt heraus und ordentlich bergauf. Der Frühsport ist bei dieser Tagesetappe mal wieder inklusive. Durch das veränderte Ziel wandern wir nun nicht mehr auf dem Beara Way, sondern gehen die offiziell letzte Etappe des Kerry Way. Der Weg ist ebenfalls gut markiert, wäre ansonsten aber auch unmöglich zu verfehlen. Der Kerry Way ist sehr bekannt und beliebt. Wir treffen heute auf eine Vielzahl von Leuten, mit Wandergepäck, Tagesgepäck und auch die schon lange vermissten Trailrunner fehlen hier nicht.
So verlassen der Beara Way war, so voll ist es hier. Die Wege sind dementsprechend breit, ausgetreten und ausgebaut. Ehrlich gesagt ist es ziemlich langweilig. Man muss keine Sekunde nachdenken, nie Ausschau halten und hat keinerlei Herausforderung. Landschaftlich ist es aber selbstverständlich sehr schön. Der Nationalpark wird seit Jahren verstärkt renaturiert und kein bisschen landwirtschaftlich genutzt. Keine Schafe! Wir können es kaum glauben.
Zum Ende dieses Nationalparkstücks gibt es noch ein besonderes „Highlight“. Der Torc Wasserfall ist ein äußerst beliebtes Ausflugsziel. Ob der Wasserfall so besonders ist, dass man dort unbedingt hingehen muss, ist fraglich.
Für uns hat er aber eine besondere Geschichte. Als wir 2012 in Irland waren, haben wir eine Rundtour per Auto gemacht. Wir legten einen Zwischenstopp in Killarney ein, Stefan erkundete die Umgebung inklusive Wasserfall und ich lag fiebernd in einem sehr mittelmäßigen Hostelbett. Aus diesen und diversen anderen mehr als fragwürdigen Erlebnissen auf der Irlandtour haben wir uns übrigens geschworen, nie wieder während eines Urlaubs in einem Hostel-Mehrbettzimmer zu schlafen.
Aber zurück zum Thema: Stefan besichtigte den Wasserfall und die Umgebung, damals noch ohne Menschenmengen drumherum und machte seltsame Fotos, mit der Idee, mich dort einfach reinzuschneiden. Ist nie passiert, sorgt aber immer noch für Lacher bei uns. Jetzt endlich können wir gemeinsam vor dem Wasserfall stehen. Ein Stückchen Seelenfrieden für Stefan.


Doch schnell gehen wir weiter. Durch eine große Parkanlage, die am Lough Leane
und dem Muckross House
entlangführt, gehen wir Richtung Killarney. Die Kilometer werden unterwegs mal wieder unerwartet mehr, aber auch das ist schließlich irgendwie Standard. Doch nach 24,5 km kommen wir auf dem Campingplatz an. Satte 40 Euro kostet uns die Nacht. Auf der Zeltwiese ist schon einiges los, aber wir finden direkt neben der Brombeerhecke einen schönen Platz. Den Nachtisch gibt es also inklusive.
Den restlichen Abend bleiben wir draußen vor dem Zelt und plaudern mit unserem Nachbarn, der auch schon viele spannende Reisen gemacht hat und von einem Ultramarathon in der Wüste Gobi träumt. Da soll nochmal jemand sagen, wir hätten verrückte Ideen!










































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