Skip to content

Irland 2025 – Beara Way

Fortsetzung des in den Pyrenäen begonnenen Urlaubs.

Tag 11, 11.08.2025

Die Nacht war zu kurz, aber herrlich erholsam. Beim Betreten des Frühstückssaals gibt es kurzen Smalltalk mit dem Herrn, der unsere Zimmernummer abhakt. Stefan sagt, er habe nichts verstanden, aber ich bin hin und weg von dem schönen irischen Akzent.
Das Frühstück ist super und so gehen wir gut gestärkt zurück zum Terminal, um dort in den Bus nach Cork einzusteigen. Die nächsten drei Stunden verbringen wir mit Serie schauen und schlafen.
In Cork haben wir 1,5 Stunden Aufenthalt. Wir kaufen eine Gaskartusche und bummeln dabei ein bisschen durch die Stadt. Die nächste Busfahrt bis zum Ziel, Glengarriff, dauert wieder drei Stunden. Der Bus hält an fast jeder Ecke und das Vorankommen ist etwas nervig.

Als der Bus während der letzten 1,5 Stunden anscheinend nur noch über Feldwege oder Schlaglöcher fährt, sind wir beide ziemlich genervt. Schön ist anders. Umso glücklicher sind wir, als der Bus an der ersten Haltestelle in Glengarriff hält. „Die nächste ist unsere!“ sagt Stefan. Doch irgendwie hält der Bus an der geplanten Stelle nicht. Stattdessen gibt er Gas und fährt plötzlich aus dem kleinen Ort heraus. Äh, hallo? Da stimmt doch was nicht? Stefan hechtet nach vorne zum Fahrer und der lässt uns zum Glück hinter der nächsten Kurve raus. Der nächste offizielle Stopp wäre nämlich erst 20 Fahrminuten weiter gewesen.
Auf der Straße guckt Stefan ungläubig auf seinen Fahrplan. Der Bus hätte eigentlich gar nicht weitefahren dürfen. Hätte hätte… So gehen wir die 1,5 Kilometer halt zu Fuß zurück. Nach der ganzen Sitzerei heute ist uns das nur willkommen.
Nach wenigen Metern stolpert auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Reh aus einem Gebüsch, kurz darauf kommt ein Rehkitz hinterher.

Den beiden ist es völlig egal, dass wir da sind oder Autos an ihnen vorbeifahren. Eine sehr ungewöhnliche Begegnung.

In Glengarriff, einem kleinen, aber urgemütlichen Ort, checken wir in unser Hotel ein. Wir werden mit den Worten „Isn’t it hot today?“ begrüßt. It is!
Danach kaufen wir im örtlichen Einkaufslädchen Wasserflaschen für die Wanderung.
Nach dem Essen gibt es dann noch irische Kultur: Guinness und den lokalen Whisky, dazu Livemusik auf der Straße.

Wir freuen uns riesig hier zu sein. Das fühlt sich genau richtig an.

Tag 12, 12.08.2025

Beim Frühstück ist einiges los. Die Frau, die anscheinend das Sagen hat, hat einen sehr rauen Ton. Man könnte es auch als Befehlston deuten. Auf ihre Frage, ob alles gut sei, trauen wir uns gar nicht erst etwas anderes als Ja zu sagen.
Doch als nach 25 Minuten die versprochenen Eier noch nicht da sind, überwinde ich mich. Ich habe etwas Angst, dass sie mich direkt auffrisst, aber das passiert nicht. Stattdessen geht sie wortlos in die Küche und dem Tonfall nach zu urteilen wird dort jemand aufgefressen. Zumindest verbal. Doch dann die Überraschung: Sie entschuldigt sich mit einem Lächeln bei uns, dass sie vergessen hätte die Bestellung weiterzugeben.
Dennoch vergehen weitere 20 Minuten und wir bekommen zwar die Eier, aber die Hälfte vom versprochenen Frühstück fehlt. Da wir trotzdem genug gegessen haben und wirklich nicht noch länger warten wollen, gehen wir.
Zum Start ist es deshalb schon spät (10.40 Uhr) und richtig warm.

Wir gehen aus Glengarriff raus und folgen ab jetzt den Schildern zum Beara Way, einem Rundwanderweg über die Halbinsel, auf der wir uns befinden.
Für die ersten Kilometer folgen wir asphaltierten Wegen und gehen dabei durch Wald.

Es ist sehr angenehm. Dann geht es ins Gelände. Ein riesiges Schild warnt uns vor Zecken.

Hurra. Also lohnt es sich nun, dass ich seit einer Woche eine Flasche mit DEET rumtrage. Erstmal werden aber nur Schuhe und Beine eingesprüht, damit dort nichts andocken möchte.

Nun geht es steil bergauf. Als Einstieg hält der Beara Way direkt den höchsten Berg der gesamten Tour für uns bereit.

Schatten gibt es keinen mehr und die Sonne brennt. Aber es ist doch ein deutlicher Unterschied, ob man 2000 Meter höher, also näher an der Sonne dran ist.
Nach dem ersten steilen Stück geht es gemäßigt weiter.

Die Mischung aus stärkerem und leichterem Anstieg ist völlig in Ordnung. Zudem ist der Weg nicht kompliziert. Wo der Weg nicht steinig ist, ist er nass.

Mal kommt das Wasser durch, mal federt der Boden extrem, so als würde man über Schaumstoff gehen. Solche Wegverhältnisse kennen wir zu gut. Damit kommen wir also klar.

Am höchsten Punkt machen wir eine Pause. Die Aussicht soll toll sein, aber leider ist sie in der Entfernung alles andere als klar. Die schlechten Sichtverhältnisse haben wir wohl unbeabsichtigt in Toulouse mit ins Gepäck gepackt.

Wir essen einen Apfel vom Frühstück. Meine Kitsche landet irgendwo hinter uns im Gestrüpp. Stefan hält kurz Ausschau, ob gerade jemand den Weg entlangkommt (wir sitzen ein Stück oberhalb davon) und wirft seine Apfelkitsche gekonnt – auf den Weg. Dort bleibt sie wie eine 1 stehen. Beachtlich!

„Eigentlich wollte ich sie über den nächsten Hügel werfen“, sagt Stefan achselzuckend. Der ist locker nochmal 10 Meter entfernt, also ist es nicht verwunderlich, dass das nicht so ganz geklappt hat. Nach der Pause ist der Wurfversuch übrigens auch vom Weg aus eher kläglich…
Der Weg hinab ist steiniger als der Aufstieg, aber auch nur in kleineren Teilen steil.

Danach geht es über eine Neben-, dann über eine Hauptstraße weiter. Die letzten Meter vor der Hauptstraße führen noch über einen Trampelpfad, der offenbar so wenig genutzt wird, dass er gerade erst frisch gemäht wurde, damit der Weg passierbar ist. So wahnsinnig viel scheint auf dem offiziellen und sehr gut markierten Wanderweg also nicht los zu sein. Mal sehen, ob sich das in den nächsten Tagen so fortsetzt.

Wir beschließen, dass wir bei der Hitze gerne den Hungry Hill Campingplatz in der Nähe ansteuern wollen. Eine Dusche ist uns gerade seeehr willkommen! Vorher gehen wir noch schnell zu dem kleinen Einkaufsladen, den es ein Stück vor dem Campingplatz gibt. Wir wollen unser Abendessen mit ein bisschen Dosengemüse aufwerten. Frisches gibt es nicht. Dazu gibt es als Dessert Törtchen mit sehr fragwürdigem Geschmack. Finde ich zumindest.
Als wir nach Informationen für die morgige Etappe gucken, entdecke ich zufällig eine alternative Möglichkeit für den Rückweg.
Statt zurück nach Glengarriff zu wandern, könnten wir auch nach Killarney wandern und dort per Zug innerhalb von drei Stunden nach Dublin fahren. Die Fahrtzeit halbieren und vor allem die fürchterliche Busfahrt von Glengarriff nach Cork auslassen? Wir müssen keine Sekunde überlegen. Auch wenn wir damit vom Beara Way abweichen, aber das macht nichts.
Während Stefan die Zugfahrt bucht, versuche ich mich an einer heißen Dusche. Der Versuch scheitert. Mehr als lauwarm gibt es nicht und das auch nur, wenn nicht gerade irgendwer irgendwo einen Wasserhahn betätigt. Dann verschwindet das Wasser ganz oder wird kalt.
Besser eine schlechte Dusche, als gar keine, sage ich mir.
Stefan hat die Probleme aber nicht. So geht der erste Tag schön sauber zu Ende.

Tag 13, 13.08.2025

Nach einer guten Nacht geht es in gewohnter Manier auf in die nächste Etappe. Naja, fast. Da wir auf dem Campingplatz sind, dauert alles irgendwie länger. Nochmal zum Klo gehen, nochmal eine Kleinigkeit zum Müll bringen… Beim Zusammenpacken entdecken wir einen ungewöhnlichen Gast in unserer Apside. Wie immer schüttle ich meinen Rucksack aus, bevor ich ihn zum Packen ins Innenzelt hole. Diesmal hat sich ein Blatt darin verfangen – denke ich zumindest, bis ich sehe, dass das Blatt sehr ungewöhnlich aussieht. Genau genommen ein bisschen gruselig, aber auch spannend. Die Recherche ergibt: es ist eine Raupe des Buchen-Zahnspinners.

Während wir das Zelt zusammenpacken, macht auch sie sich auf den Weg.
Dann gehen wir los.

Erst einen Kilometer an der Hauptstraße entlang,

anschließend noch ein Stück über eine Nebenstraße.

Dort entdecken wir einen kleinen Krebs, der empört seine Scheren aufrichtet, als wir ihn auf seiner Wanderung stören.

Nach dem Straßenstück geht es per Leiter hinein in die Natur.

Hier werden wir von zwei Männern mit Wandergepäck überholt. Sie sind die einzigen Personen, denen wir heute auf dem Weg begegnen. Es geht steil bergauf und trotz dicker Wolken und Nebel ist es richtig warm.

Der Aufstieg tut sein Übriges dazu. Durch die nassen Wiesen haben wir immerhin Abkühlung an den Füßen. Zuerst versuchen wir noch möglichst trocken voranzukommen, doch schon bald stehen die Füße so unter Wasser, dass uns alles egal ist.

Die Landschaft um uns herum ist wunderschön. Immer mal wieder regnet es, zeitweise sehen wir nur knapp die nächste Wegmarkierung und dennoch könnte ich nicht glücklicher sein.

Wenn ich mir vorher noch nicht völlig sicher gewesen sein sollte, hier ist der Beweis, dass ich in genau eine solche Landschaft gehöre und definitiv nicht irgendwo in den Süden. Mal für kurz dorthin: Sehr gerne! Aber mein Herz schlägt für den Norden.

Stefan hingegen hat heute den ultimativen Meckertag. Das passiert selten, aber heute gibt er wirklich alles. Er meckert über das Wetter, den Weg, die Nässe, die Wegführung (okay, das zurecht), den Rucksack… Ganz egal was, alles ist doof. Ich wandere heute also mit Rumpelstilzchen und bitte ihn in der zweiten Pause, sich doch bitte Musik oder einen Podcast anzumachen, damit er auf andere Gedanken kommt.

Schon nach dem ersten Berg können wir die nächste Stadt, Castletownbere, sehen.

In kurzem Abstand dazu liegt Bere Island, auf die wir heute noch per Fähre kommen wollen. Der Weg führt uns über kleine, nasse Pfade und dann über größere Steinplatten. Bei Nässe wird vor einer erhöhten Rutschgefahr gewarnt. Nässe haben wir, doch finde ich die Steine gar nicht rutschig. Bis sie es urplötzlich doch sind. Im Stand rutsche ich mehrere Meter den Felsen entlang, bis ich weitergehen kann. Mein Platz in Stefans nächstem Skiurlaub ist mir damit ja wohl sicher!

Mit dem Ort ist es wie mit einer Hütte, die man gerne erreichen will, aber man kommt und kommt nicht näher. Der Weg hat es sich zur Aufgabe gemacht, uns in möglichst vielen Kehren und Kurven immer wieder von dem doch fast greifbar nahen Ziel wegzuführen.

Das ist einfach nur nervig und erschließt sich uns stellenweise wirklich gar nicht. Vor allem als der Weg dann statt durch zerklüftete Berglandschaft nur noch über wirre Feldwege führt, wächst unser Frust.

Das wechselhafte Wetter ist hingegen nicht so schlimm (außer für Stefan). Nur zwei dicke Regenschauern gibt es, für die wir die Regenjacke anziehen (Stefan häufiger, denn manchmal hat es auch genieselt, mehr wurde es aber nicht). Auf die Hose verzichten wir, da es einfach zu warm ist. Die Beine und kurzen Hosen trocknen anschließend sofort wieder.
Wir können es kaum glauben, als wir es tatsächlich irgendwann geschafft haben. Statt der angegebenen 7-8 Stunden haben wir sechs gebraucht. Kurz vor der ersten richtigen Straße befindet sich noch eine alte Grabstätte in der Natur bzw. deren vage Umrisse sind noch erkennbar.
Der Weg in die Stadt hinein belohnt uns mit jeder Menge Brombeeren, die hier besonders zahlreich am Wegesrand hängen. Einfach lecker! So viele Brombeeren habe ich ewig nicht mehr gegessen.

Auf dem weiteren Weg treffen wir ein paar Spaziergänger und fragen sie nach Zeltplatzideen, doch leider haben sie keine. Auf einer Bank in der Stadt beraten wir uns zu dem weiteren Vorgehen.
Die Insel-Idee haben wir verworfen. Den ganzen Tag schon sehen wir Bere Island und Castletownbere. Aus fast jedem erdenklichen Winkel und ohne das Gefühl, auch nur ein bisschen voran gekommen zu sein. Das reicht! Genug Insel, wir wollen weiter. Aber wohin?
Erstmal zum Supermarkt, damit es Wassernachschub gibt. In der Natur sind solche Massen an Schafen unterwegs, dass wir lieber auf Wasser aus der Leitung oder Flasche vertrauen und nur im Notfall filtern. Die Wasserversorgung ist also kein Thema. Was dem Beara Way aber fehlt, ist eine Infrastruktur für die Wandernden. Wir finden im Ort nur eine buchbare Unterkunft und deren Bewertungen sind so „toll“, dass wir darauf verzichten wollen. Einen Campingplatz gibt es nicht. Der nächste ist erst 20 km weiter zu erreichen oder man geht halt 10 km an der Straße entlang zurück. Wir sind nach inzwischen 22 km ziemlich müde, aber müssen erstmal aus dem Ort raus, um überhaupt nach Zeltplätzen suchen zu können. Der Weg zieht sich. Überraschend begleitet uns dabei die Sonne, die nun kurzzeitig die Vorherrschaft über die Wolken und den Regen gewonnen hat.

Leider trocknet sie nicht blitzschnell den Boden auf, sodass die Platzsuche ziemlich schwierig wird. Nach fast 29 km entscheiden wir uns für ein trockenes, nicht ganz so hügeliges Fleckchen direkt am Weg.

Immerhin keine Zäune und keine Schafe in nächster Nähe. Stattdessen wohnen hier mehrere hundert Midgets, aber die kommen immerhin nicht ins Zelt. Als wir 2012 in Irland waren, damals noch ohne Zelt, sprachen wir in einer Unterkunft mit einem anderen Paar. Sie verabschiedeten sich und gingen in ihr Zelt. Es dauerte aber nicht lang, da flohen sie wieder in die Unterkunft. „Unser Netz ist zu grob. Wir haben die Mückenschwärme IM Zelt!“. Zum Glück ist das bei uns kein Thema.

Wir sind aber einfach müde und geschafft. Da fliegen wir nach Irland, um es einfacher zu haben als in den Pyrenäen und dann zeigt die Tagesleistung mehr als 1000 Höhenmeter. Die gibt es hier nicht am Stück, aber der Beara Way hat es sich ganz offenbar zur Aufgabe gemacht, jeden noch so kleinen Hügel mitzunehmen.
Morgen darf der Wecker etwas später klingeln. Wir brauchen mal eine lange Nacht.

Comments (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

An den Anfang scrollen